Diese Frage ist in etwa genauso schwer zu beantworten, wie die
gleichlautende Frage nach dem Internet. Wir Funkamateure beschäftigen
uns mit Funktechnik und Funkbetrieb. Das Wort "Amateur" bedeutet nicht
"Pfuscher", im Gegenteil. Funkamateure (mit Ausnahme der reinen "Hörer")
müssen eine Prüfung ablegen, in der Grundlagen der Elektronik,
Kenntnisse der Vorschriften und die Regeln für einen geordneten
Funkbetrieb geprüft werden. Anschließend bekommt der Funkamateur
sein Rufzeichen zugewiesen, das weltweit eindeutig ist. Ich habe das
Rufzeichen DL1BKE zugewiesen bekommen.
Die Prüfung ist sicher eine Hürde, aber der Aufwand lohnt sich.
Hier eine unvollständige Übersicht, was im Amateurfunk möglich
ist:
- Selbstbau von Geräten
Funkamateure dürfen ihre Sender und Empfänger selbst bauen, oder
im Handel erhältliche Geräte modifizieren. Dies ist ein Privileg,
das sonst keine Privatperson genießt.
- Funkbetrieb auf Kurzwelle
Im Kurzwellenbereich findet der "klassische" Amateurfunk statt, weltweiter
Funkverkehr vom Nord- bis zum Südpol. Entweder in Morsetelegrafie oder
Sprechfunk. Funkamateure versuchen, auch vom entlegensten Winkel der Welt
noch Funkverbindungen aufzubauen. Die Beherrschung der Morsetelegrafie war
übrigens lange Zeit Voraussetzung, um auf Kurzwelle senden zu dürfen.
- Jäger und Sammler: QSL-Karten, DX und Konteste
Viele Funkamateure sammeln QSL-Karten. Dies sind postkartengroße
Bestätigungen für erfolgreiche Verbindungen, auf der einen Seite
werden die Verbindungsdaten eingetragen, auf der anderen Seite befindet
sich häufig eine Zeichnung oder ein Foto. Diese Karten kann man wie
Briefmarken sammeln und sich an die Wand hängen, oder man kann nach
einer bestimmten Anzahl von Verbindungen mit unterschiedlichen
Funkamateuren oder Ländern sogenannte "Diplome" erwerben. Meistens ist
man an möglichst seltenen und weit entfernten Stationen (sogenannte
DX-Stationen) interessiert. Es gibt auch Konteste, Wettbewerbe, in denen es
darum geht, in einer bestimmten Zeit möglichst viele Verbindungen zu
haben. Zugegeben, etwas seltsam erscheint das zunächst schon, aber die
Faszination ergibt sich, wenn man es einmal mitgemacht hat.
- Packet-Radio: Datenkommunikation über Funk
Funkamateure haben ein eigenes Datennetz geschaffen, das (fast) komplett
aus Funkstrecken besteht. Dieses Netz besteht aus Netzknoten mit
Benutzer-Einstiegen und Richtfunkstrecken zu anderen Netzknoten. Mehrere
Benutzer können quasi-parallel auf der Einstiegsfrequenz eines
Netzknotens Verbindungen über das Netz aufbauen. Wir haben
Mailboxsysteme, die untereinander die Nachrichten austauschen, den Convers
(ähnlich dem IRC), Datenbanksysteme für oben genannte
Kurzwellenfreunde... Sogar die Internet-Protokolle können verwendet
werden, wenn auch meist keine direkte Verbindung zum Internet besteht. Das
Packet-Radio-Netz kann von allen Funkamateuren ohne zusätzliche Kosten
benutzt werden.
- Bildübertragung: FAX und SSTV
Ja, auch wir Funkamateure machen FAXen, allerdings analog und in Farbe.
Eine Verbesserung ist das SSTV (Slow Scan Television), das die
Übertragung von bewegten Standbildern erlaubt. An und für sich
nichts besonderes, mal abgesehen davon, daß eine solche
Übertragung auf Kurzwelle nur 3 KHz Bandbreite benötigt.
Tatsächlich wird SSTV heute mehr als Alternative zu FAX gesehen, da es
einige Probleme des FAX löst. Die Faszination liegt darin, daß
mit einem 286er und einem kleinen Pegelwandler an der seriellen
Schnittstelle bereits Farbbildübertragung möglich ist.
- Amateurfunkfernsehen: ATV
Steigern wir langsam den Aufwand: Funkamateure machen
(selbstverständlich) auch ihr eigenes Fernsehen... Natürlich kein
Fernsehprogramm, wie man es vom Rundfunk her kennt. Bis auf
Rundsprüche (Nachrichtensendungen zum Thema Amateurfunk) ist es mehr
eine Videokonferenz. Einige Leute senden sogar Videotext. Es werden auch
Experimente mit digitalem Fernsehen durchgeführt.
- Amateurfunk im Weltraum
Der Amateurfunk besitzt eigene Satelliten. Über diese Satelliten
können Funkamateure auch auf höheren Frequenzen weltweite
Verbindungen tätigen, oder e-mail in das Packet-Radio-Netz
verschicken. Astronauten und Kosmonauten sind fast immer auch lizenzierte
Funkamateure, die vom Space Shuttle oder von der Raumstation ISS
Kontakt zu Funkamateuren auf der Erde haben. Für die Kosmonauten
der ehemaligen Raumstation MIR war eine Zeit lang der Amateurfunk sogar
die einzige Verbindung zum Heimatplaneten.
- Geht nicht? Geht doch!
Funkamateure waren immer erfinderisch, um Funkverbindungen selbst dann zu
ermöglichen, wenn sie aussichtslos erscheinen. So lassen sich
Nordlichter, Kometenspuren, ja sogar der Mond als "Spiegel" für die
Funkwellen verwenden.
- Und auch Sport ist möglich
Da darf sogar jeder mitmachen, ob Funkamateur oder nicht: Die "Fuchsjagd".
Keine Angst, hier werden keine Tiere gequält. Es werden kleine Sender
("Füchse") versteckt, die mittels Peilempfängern in
möglichst kurzer Zeit gefunden werden müssen. Vom
Familienspaß bis zu internationalen Wettbewerben ist alles
möglich.
Und das ist nur das, was mir jetzt gerade eingefallen ist. ;-)
Allerdings, es gibt auch einige wenige Einschränkungen, die sich aus
der Definition eines Funkamateurs ergeben:
Funkamateur ist, wer sich lediglich aus persönlicher Neigung, und
nicht in Verfolgung anderer, zum Beispiel politischer oder wirtschaftlicher
Zwecke, mit Funktechnik und Funkbetrieb befaßt.
Mit anderen Worten: Der Amateurfunk ist ein Experimental-Funkdienst, uns
geht es um das technische Experiment, nicht um die übertragene
Information als solche. Dieses führt zu einem Selbstverständnis,
das als von Außenstehenden manchmal als (Selbst-)Zensur angesehen wird.
Einige Verhaltensweisen, obwohl nicht explizit verboten, werden in
Amateurfunk nicht gern gesehen. Aus gutem Grund:
- Wir Funkamateure genießen das Privileg des Selbstbaus von
Sendern, ohne daß diese von offizieller Stelle teuer auf Einhaltung
der technischen Vorschriften überprüft werden müssen. (Das
heißt aber auch, daß wir die ganze Verantwortung für
Fehler selber tragen.)
- Uns sind große Frequenzbereiche zugewiesen, die kommerzielle
Anwender selbst gerne nutzen würden.
- Und schließlich dient Amateurfunk auch der
Völkerverständigung.
Von daher kann Selbstbeherrschung nur von Nutzen sein. Dafür geht es
auf unseren Frequenzen im Vergleich zu anderen Kommunikationswegen, trotz
einiger schwarzer Schafe, vergleichsweise zivil zu. Verbindungen zu anderen
Netzen, wie Telefon oder Internet, sind nur
eingeschränkt gestattet. Aber ich bin der Meinung, daß wir ja
schließlich Amateurfunk und nicht
Amateurdraht betreiben...
Was nicht heißt, daß sich ein Funkamateur nur mit Funk
beschäftigen darf. Bekannte Persönlichkeiten des Internets sind
Funkamateure, und es fließen auch immer Erkenntnisse aus dem
Amateurfunk in konkrete Produkte der Industrie. Der Amateurfunk schult das
technische Verständnis und wirkt einerseits der Technikfeindlichkeit
entgegen und fördert anderseits die Kreativität und Innovation. So
gibt der Amateurfunk der Gesellschaft einen Mehrwert für die "Lizenz zum
Löten" zurück.
Mehr Informationen gibt es beim Deutschen
Amateur Radio Club (DARC), oder über die Links auf dieser Seite.
Ein Beispiel für Amateurfunk an der Hochschule ist die
Amateurfunkgruppe des Computer-Clubs an der RWTH Aachen e.V. (CCAC). Der
Verein steht selbstverständlich jedem offen, nicht nur Angehörigen
der Hochschule. Die Amateurfunkgruppe ist eine Arbeitsgruppe unter vielen im
CCAC, aber eine sehr aktive. Beispiele für unsere Aktivitäten
sind:
- Durchführung von Amateurfunk-Kursen
- Experimente mit dem TCP/IP-Protokoll und Internet-Services über
AX.25
- Hilfe bei technischen Problemen
- Öffentlichkeitsarbeit, Vorführungen und Vorträge
Der CCAC ist auch im WWW vertreten:
Last modified: 2010-10-10
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