Physik, 2. Trimester - Elektrik, Folge 08

Kraft auf bewegte Ladungen

In der letzten Sendung wurde das magnetische Feld eines elektrischen Leiters behandelt. Diesmal wird die umgekehrte Situation betrachtet. Ein äußeres Magnetfeld beeinflusst einen stromdurchflossenen Leiter bzw. einen Strahl von Ladungen. Die Sendung gliedert sich in folgende Abschnitte:

<<Überprüfen Sie ihr Wissen >>

UVW-Regel

Bild aus der Sendung

In der letzten Sendung wurde gezeigt, dass jeder stromdurchflossene, gerade Leiter ein zylinderförmiges Magnetfeld um sich herum aufbaut. Deshalb ist es sehr verständlich, dass ein zweites, äußeres Magnetfeld auf eine Stromleitung eine Kraft ausübt. Bei einem besonders großen Effekt ist das äußere Magnetfeld senkrecht zum elektrischen Strom gerichtet; dann steht die Kraftrichtung senkrecht auf der Ebene, die von der Magnet- und Stromrichtung aufgespannt werden. In einem dazu passenden Experiment zeigen die magnetischen Feldlinien von oben nach unten, die technische Stromrichtung ist von hinten nach vorne; dann rollt der locker aufgelegte Leiter nach rechts weg. Diese komplizierte Zuordnung von Richtungen kann man sich mit der UVW-Regel der rechten Hand leichter merken. Dazu ist etwas Fingergymnastik erforderlich: Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger werden so auseinander gespreizt, dass ein rechtwinkliges, dreidimensionales Achsensystem aufgespannt wird. Der Daumen zeigt in Stromrichtung - das ist die Ursache, Buchstabe U -, der Zeigefinger in Magnetfeldrichtung - das ist die Vermittlung, Buchstabe V -, dann zeigt der Mittelfinger - die Wirkung W - in Richtung der resultierenden Kraft, die auf den elektrischen Leiter wirkt. Diese Regel wird anhand einer weiteren Anordnung von Leiter und Magnetfeld überprüft: Die Leiterschaukel schwingt in die vorhergesagte Richtung.


Magnetische Flussdichte

Bild aus der Sendung

Die Kraft auf einen stromdurchflossenen Leiter, der sich in einem Magnetfeld befindet, kann einfach gemessen werden. Der Leiterbügel steht auf einer empfindlichen Laborwaage . Dabei ist der Hufeisenmagnet so angebracht, dass die Kraftrichtung nach unten weist. Sind Magnetfeldrichtung und Stromrichtung senkrecht zueinander, dann ist die Kraft maximal, sind sie parallel zueinander, dann ist die Kraft null. Bei Zwischenwinkeln wird nur die Magnetfeldkomponente senkrecht zur Stromrichtung wirksam. Die Stärke der Kraft hängt außerdem noch von der Stromstärke und der Länge des Leiterstücks im Magnetfeld ab. Der Quotient aus der Kraft und dem Produkt aus Strom und Leiterlänge ist eine Konstante; sie beschreibt die Stärke des Magnetfelds in diesem Bereich. Diese Konstante wird magnetische Flussdichte B genannt, ihre Einheit ist Tesla. Die Namensgebung "Flussdichte" wird in einer späteren Sendung erläutert.
In der letzten Sendung wurde in Konkurrenz dazu die magnetische Feldstärke H definiert. Für das Magnetfeld im Inneren einer sehr langen Spule ergibt sich, dass sich das H-Feld und das B-Feld nur um eine Naturkonstante mikro0 unterscheiden; sie heißt magnetische Feldkonstante. Die Stärke eines Magnetfelder wird mit einer sogenannten Hall-Sonde gemessen; ihre Funktionsweise wird später in dieser Sendung erklärt. Mit einem Helmholtz-Spulenpaar erreicht man ein großräumiges homogenes Magnetfeld; in der Formelsammlung finden Sie dazu eine Formel.


Lorentzkraft

Bild aus der Sendung

Mit einem Stabmagneten kann ein Elektronenstrahl abgelenkt werden. Dabei sorgen vertikal angeordnete Magneten für eine Ablenkung nach links oder rechts. Die magnetische Kraft auf einen stromdurchflossenen Leiter wirkt also direkt auf einzelne Ladungen. Für diese Lorentzkraft lässt sich eine Formel ableiten: Die Kraft ist proportional zur Ladung und Geschwindigkeit der Teilchen und zur Stärke des Magnetfelds. Ein wichtige Anwendung ist die Fadenstrahlröhre: Im homogenen Magnetfeld erfährt ein Elektronenstrahl an jeder Stelle der Bahn eine ablenkende Kraft, die genau senkrecht zur momentanen Geschwindigkeit wirkt. Deshalb bildet sich insgesamt eine Kreisbahn aus. Der Geschwindigkeitsbetrag der Elektronen bleibt dabei konstant; die für die Kreisbahn notwendige Zentralkraft ist hier genau die Lorentzkraft. Mit dieser Kraftgleichung kann z.B. die Geschwindigkeit der Elektronen bei gegebenem Magnetfeld und Bahnradius bestimmt werden. Für den formelmäßigen Zusammenhang der Lorentzkraft gibt es verschiedene Anwendungen: Beim Elektronenmikroskop z.B. übernehmen Elektronen die Rolle, die beim optischen Mikroskop Lichtteilchen spielen. Magnetfelder beugen die Bahnen der Elektronen so, wie dies Linsen bei Licht tun. Eine andere Anwendung findet man bei großen Forschungseinrichtungen für Elementarteilchenphysik. Hier werden geladene Teilchen in Kreisröhren beschleunigt; dafür werden starke Ablenkmagneten entlang der Vakuumröhre angebracht.


Hall-Effekt

Bild aus der Sendung

Eine weitere Anwendung der Lorentzkraft ist der Hall-Effekt: Ein Magnetfeld wird mit einem stromdurchflossenen Leiterplättchen ausgemessen, das senkrecht dazu orientiert ist. Wegen der Lorentzkraft wird der Stromfluss mehr auf eine Seite des Plättchens gedrückt; über die Breite des Plättchens baut sich dabei eine Hallspannung auf, die proportional ist zur Breite, zur Driftgeschwindigkeit der Ladungen und zur Stärke des Magnetfeldes. So ein Leiterplättchen befindet sich an der Spitze einer Hall-Sonde, mit der die Stärke eines Magnetfeldes bestimmt wird.


Weitere Anwendungen und Beispiele

Bild aus der Sendung

Das internationale SI-Einheitensystem definiert die Einheit 1 Ampere über die Anziehung zwischen zwei parallelen Leitern. Zur Erklärung stellt man sich am besten das zylinderförmige Magnetfeld eines der beider Leiter vor. In diesem Magnetfeld wird auf den zweiten Leiter eine magnetische Kraft ausgeübt, die bei gleichgerichteten Strömen anziehend, bei entgegen gesetzten Strömen abstoßend wirkt. Eine andere Anwendung der Lorentzkraft ist die schützende Wirkung des Erdmagnetfeldes. Von der Sonne werden nicht nur Lichtteilchen, sondern auch Protonen und Elektronen als sogenannter Sonnenwind ins Weltall geschickt. Diese geladenen Teilchen werden in Äquatornähe durch das Erdmagnetfeld um die Erde herum gelenkt. In Polnähe aber ist die Magnetfeldrichtung nicht senkrecht zu ihrer Bewegungsrichtung; hier kann der Sonnenwind in die Atmosphäre eindringen und dabei Luftmoleküle zum Leuchten anregen. Diese eindrucksvollen Lichteffekte sind als Polarlichter bekannt.


<< Überprüfen Sie ihr Wissen >>