In dieser letzten Sendung zur Elektrizitätslehre werden die bisher besprochenen Themen abgerundet: Es geht um Stromkreise, Elektromagnetismus, Induktionseffekte, Wechsel- und Gleichspannung, Spannungs- und Stromtransformation, Energietransport. Die Sendung gliedert sich in folgende Abschnitte:
Anknüpfend an die letzte Sendung misst der Moderator mit einem
Elektrizitätszähler die elektrische Arbeit bzw. die Leistung von Haushalts-Glühlampen. Werden die Lampen durch eine ausgewählte Spule
ersetzt, bei der bei 230 V ein gleicher effektiver Strom fließt, dann zeigt der
Elektrizitätszähler deutlich weniger an. Wieso setzt ein induktiver Widerstand
offensichtlich viel weniger Leistung um als das Produkt Spannung mal Strom? Ein
Oszilloskop zeigt eine Phasenverschiebung zwischen Wechselstrom
und Spannung. Bei einer "idealen" Spule wird der ohmsche Widerstand R gegenüber
dem viel größeren induktiven Widerstand XL = 2 f L vernachlässigt: Die
Spannung eilt dem Strom exakt eine Viertelperiode bzw. 90° voraus. Die zeitlich
veränderliche Leistung wird durch die Produktkurve "Strom mal Spannung"
dargestellt. Sie zeigt bei einem reinen induktiven Widerstand abwechselnd
gleiche Flächen im Positiven und im Negativen. Deshalb ist die elektrische
Leistung während einer Periode exakt null; man spricht von einer
"Blindleistung". Stellen Sie sich für diesen seltsam anmutenden Begriff einen
Stromkreis vor, der das Netzgerät nur zum Zwischenspeichern von elektrischer
Energie benötigt, also während einer Viertelperiode Energie aufnimmt, dann
wieder abgibt, aufnimmt usw.
Bei einer "realen" Spule liegt eine Serienschaltung aus R und
XL vor. Jetzt ist die Phasenverschiebung von Strom und
Spannung deutlich kleiner als 90°. Die Produktkurve "Strom mal Spannung" zeigt
diesmal keine gleichen Flächen im Positiven und im Negativen. Deshalb ist hier
die elektrische Leistung während einer Periode nicht exakt null; neben der
Blindleistung liegt auch eine Wirkleistung vor. Diese Leistung muss vom
Netzgerät geliefert werden.
Mit einem induktiven Widerstand lässt sich ein neues Phänomen zeigen: Um das
Eisenjoch einer Spule, durch die Wechselstrom fließt, wird ein
Experimentierkabel mehrmals herumgeschlungen. Diese Windungen wirken als
Induktionsspule und liefern dementsprechend eine umso größere Wechselspannung,
je mehr Windungen herum geschlungen werden. Eine Anordnung mit zwei Spulen an
einem gemeinsamen Eisenjoch nennt man Transformator oder kurz Trafo. Je nach Funktion heißt eine Spule Primär-, die andere
Sekundärspule. Für die Windungszahlen und die Wechselspannungen der beiden
Spulen lässt sich ein einfaches Gesetz ableiten, das mit einem Experiment bestätigt wird. Für praktische Anwendungen ist eine
weitere Regel für die Wechselströme im Primär- und Sekundärkreis bedeutsam. Die
Stromregel lässt sich unter der idealisierten Annahme einer verlustfreien
Energieübertragung ableiten, aber diese Voraussetzung kann in der Realität nicht
erfüllt werden. Deshalb gilt die Stromregel in der Praxis nur näherungsweise.
Wenn eine Wechselspannung "hochtransformiert" werden soll, dann muss die
Sekundärspule viel mehr Windungen aufweisen als die Primärspule. Beim Experiment
mit den Hörnerbogen wird die Haushaltsspannung auf etwa 10 kV
hochtransformiert. Soll auf der Sekundärseite dagegen ein Starkstrom fließen,
dann weist die Sekundärspule nur wenige, aber sehr dicke Windungen auf, damit
der Widerstand sehr klein ist. Die Sekundärspannung wird herunter transformiert,
im Gegenzug fließt ein sehr großer Sekundärstrom. Im Modellexperiment wird die
Berührstelle zwischen zwei Blechen flüssig und damit entsteht ein Schweißpunkt, der beide
Teile fest miteinander verbindet. So funktionieren die Schweißzangen der
Industrieroboter, die beim Karosseriebau von Pkws eingesetzt sind. Eine andere Anwendung
für einen Starkstromtrafo sind sogenannte Induktionsöfen. Im Modellexperiment
besteht die Sekundärspule aus einem Metallring mit der Form einer Rinne. Die
Wärmewirkung des Sekundärstroms bringt Lötzinn in sehr kurzer Zeit zum Schmelzen. Auch dieses Verfahren
wird in der Automobilindustrie in einer speziellen Weise eingesetzt: Stark
beanspruchte Metallteile, wie Kurbelwellen oder Achszapfen sollen an der
Oberfläche gehärtet sein. Das Metallteil selbst stellt die Sekundärspule mit nur
einer Windung dar; darüber wird für kurze Zeit die Primärspule gesteckt. Bei
Betrieb mit hoher Frequenz begrenzt sich der Starkstrom auf die
Oberflächenschicht (Skineffekt). Die hoch erhitzte Außenschicht wird mit einer
kalten Flüssigkeit abgeschreckt und dadurch gehärtet.
Transformatoren sind auch sehr bedeutsam bei Hochspannungsleitungen. Damit
kann elektrische Energie mit geringen Verlusten über riesige Entfernungen
transportiert werden. In einem Modellexperiment wird die Haushaltspannung von 230 V an einer
Seite der Übertragungsstrecke, um einen Faktor 40 hochtransformiert und nach
einer Strecke von etwa 10 m wieder auf 230 V herunter transformiert. Um die
üblichen Entfernungen von mehreren 100 km vom Kraftwerk zum Kunden im Studio zu
simulieren, sind im Hochspannungsteil große Widerstände von insgesamt 4 k eingefügt Trotzdem
betragen die Übertragungsverluste weniger als ein Prozent. Eine Modellrechnung verrät den Trick: Es kommt darauf an, die
Stromstärke möglichst weit herunter zu transformieren, denn die Verlustleistung
in den Hochspannungsleitungen sinkt mit dem Quadrat des Abschwächungsfaktors.
Die Hochspannung ist dabei nur die Konsequenz. Im europäischen Elektrizitätsnetz
werden Hochspannungen von 220 kV bzw. 380 kV verwendet. Zur Isolation der
Leitungen untereinander und zum Boden müssen sehr hohe und ausladende Masten aufgestellt werden.
Mit Hilfe von elektronischen Bauteilen ist es heute leicht möglich
Wechselstrom in Gleichstrom und umgekehrt Gleichstrom in Wechselstrom zu
wandeln. Für elektrische Experimente verwendet man in einem Labor sogenannte Stelltrafos. Hier weist die Sekundärspule viel weniger Windungen
auf als die Primärspule. Wenn der Abgriff verstellbar angebracht ist, kann eine
beliebige Voltzahl eingestellt werden.
Mit "Gleichrichterdioden" wird Wechselspannung in Gleichspannung
gewandelt. Diese elektronischen Bauteile wirken wie Stromventile: in eine
Richtung sperren sie, in die andere geben sie den Stromfluss frei. Mit einer
trickreichen Brückenschaltung werden Energieverluste vermieden und die
negativen Halbwellen der Wechselspannung quasi nach oben geklappt. Es entsteht
dabei eine pulsierende Gleichspannung. Die Funktionsweise der Brückenschaltung
wird in der Sendung und im Begleitbuch ausführlich erklärt. Mit einem
"Glättkondensator" und weiteren elektronischen Hilfen entsteht ein Gleichstrom
wie aus einer Batterie.
Aber auch die umgekehrte Wandlung ist heute
notwendig. Ein Fotovoltaikanlage nutzt die Energie des Sonnenlichts und stellt
Gleichspannung und Gleichstrom zur Verfügung. Oft ist die Speicherung der
überschüssigen Energie in Batterien zu teuer oder unpraktisch. Stattdessen kann
man einen sogenannten Wechselrichter verwenden. Dieser beinhaltet eine Elektronik, die
den Gleichstrom zeitlich "zerhackt" und in Wechselstrom wandelt, bei dem die
Frequenz an das Haushaltsnetz angepasst ist. Ein nachgeschalteter Trafo sorgt
noch für die passende Wechselspannung. Damit wird die elektrische Energie der
Fotovoltaikanlage ins Netz eingespeist.