In dieser ersten Sendung zur Schwingungslehre wird zunächst das Federpendel genau behandelt. In Analogie dazu kann dann der Aufbau und die Funktionsweise eines elektrischen Schwingkreises leichter verstanden werden. Die Sendung gliedert sich in folgende Abschnitte:
In der Natur und im Alltag gibt es viele Ereignisse und Bewegungen, die sich
in festen Zeitabständen wiederholen. Beispiele für periodische Vorgänge sind der
Tag-Nacht-Zyklus, die Wechsel von Ebbe und Flut oder eine Kinderschaukel. Im Studio wird mit schwingenden Saiten eines Kontrabasses und mit einem Modell-Lautsprecher experimentiert.
Die Frequenz f einer Schwingung ist so definiert, dass diese
Größe den Kehrwert der Periodendauer T darstellt: f = 1 /
T.
Für die weiteren Inhalte dieser Sendung werden zwei Formeln
aus früheren Sendungen benötigt: Die kinetische Energie ist die Hälfte des Produkts der Masse
m und dem Quadrat der Geschwindigkeit v. Damit ist bereits eine
kleine Geschwindigkeitsänderung mit einer großen Energieänderung verknüpft. Ein
gespanntes Bungee-Seil kann näherungsweise als Feder mit konstanter Federhärte
betrachtet werden. Seine Spannenergie ist die Hälfte des Produkts aus der Federhärte
D und dem Quadrat der Dehnung s. Deshalb ist eine kleine Änderung
der Dehnung mit einer großen Energieänderung verknüpft.
Auf einer Luftkissenfahrbahn ist ein Gleiter mit zwei Federn seitlich
verspannt, so dass er eine Schwingung in einer waagrechten Geraden ausführt. Bei
diesem Federpendel wandelt sich Spannenergie periodisch in kinetische
Energie und wieder zurück. Eine spezielle Elektronik wertet ein Videosignal aus
und übermittelt in kurzen Zeitabständen die Daten der Auslenkung an einen
Computer. Da der Start bei maximaler Auslenkung erfolgt, zeigt der Monitor als
Zeit-Bewegungskurve eine Kosinusfunktion. Im Begleitbuch finden
Sie die Herleitungen von Formeln für die Frequenz und die Periodendauer. Mit den
aufgezeichneten Daten kann auch die Zeit-Geschwindigkeitskurve dargestellt werden. Es ist eine
umgeklappte, also negative Sinusfunktion. Dies ist plausibel, weil die momentane
Geschwindigkeit v als Quotient von sehr kleinen Weg- und Zeitabschnitten
ds / dt berechnet wird. Somit berechnet sich die
Geschwindigkeitskurve als Ableitung der Wegkurve.
Die Federung der Räder
eines Pkw sind ein interessantes Beispiel für Federpendel. Für die
Fahrsicherheit kommt aber noch entscheidend die Funktion der Stoßdämpfer hinzu. Sind diese nicht in Ordnung, dann weicht das
Gefühl des Komforts schnell der Sorge um die Fahrsicherheit. Die Federschwingung
der Räder sollte stark "gedämpft" sein. Im Studioexperiment mit dem Federpendel
kann die Dämpfung durch eine große Platte dargestellt werden, die durch
Luftreibung die Schwingungsamplitude des Gleiters schnell abnehmen lässt.
Mit den Vorübungen zu Schwingungen und Energien aus dem Bereich der Mechanik
kann nun eine elektrische Schwingung betrachtet werden. Dazu wird als erstes ein
Bauteil benötigt, das "potenzielle" elektrische Energie speichern und abgeben
kann. Hierzu eignet sich ein Kondensator. Für seine Energie wird eine Formel abgeleitet, die sich ganz analog zur potenziellen Energie
einer Feder formulieren lässt: Die Ladung Q des Kondensators entspricht
der Auslenkung s der Feder, der Kehrwert der Kapazität 1/C der Federhärte
D. Das zweite elektrische Bauteil muss der Bewegungsenergie des Gleiters
entsprechen; dafür eignet sich eine Spule. Auch hierfür werden Formeln angegeben: Die Stromstärke I in der Spule
entspricht der Geschwindigkeit v des Gleiters, die Induktivität L
der Spule der Masse m des Gleiters. Insgesamt erhält man vier Formeln für
verschiedene Energieformen, je zwei, die man als potenzielle Energien
erkennen kann und zwei, die man im weiteren Sinne als "kinetische" Energien
betrachten kann.
Die Analogien zwischen einem Federpendel und einem elektrischen Schwingkreis
sollte man sich gut merken, um eine anschauliche Vorstellung von den Abläufen in
einem Schwingkreis zu erhalten: Beide Schwingungen werden so gestartet, dass die potenzielle Energie maximal ist. Bei der
Feder ist die Dehnung maximal, beim Kondensator das elektrische Feld. Beim
Federpendel setzt sich nun eine Masse gegen den Widerstand ihrer Trägheit in
Bewegung und nimmt Geschwindigkeit auf, beim Schwingkreis wächst ein Stromfluss
gegen den Widerstand der Induktivität der Spule. Nach einer viertel Periode
t = 1/4 T sind beide potenzielle Energien null; im Gegenzug
sind die Geschwindigkeit der Masse und die Stromstärke in der Spule maximal.
Beide Schwingungen haben gerade ihren "Nulldurchgang". Bei der Spule ist das
magnetische Feld maximal, während das elektrische Feld des Kondensators gerade
verschwunden ist. Nach der halben Schwingungsdauer t = 1/2 T ist wieder die Ausgangssituation gegeben, aber
jeweils versehen mit einem umgekehrten Vorzeichen: Bei der Feder ist die
Auslenkung, beim Kondensator ist die Feldstärke umgekehrt gerichtet wie zu
Beginn. Bei beiden Schwingungen wechselt die Energie periodisch von potenzieller
zu "kinetischer" Energie und zurück; einmal ist die "Auslenkung" maximal, dann
wieder die Änderung der "Bewegung".
Im Experiment soll zunächst eine sehr langsame elektrische
Schwingung gezeigt werden. Dazu ist ein Kondensator mit sehr großer Kapazität
und eine Spule sehr großer Induktivität parallel geschaltet. Mit einem
Wechselschalter wird der Kondensator zur Aufladung an eine Batterie
angeschlossen; zum Start wird die Batterie abgekoppelt und der Schwingkreis
geschlossen. Nun bewegen sich die Zeiger eines Amperemeters und eines Voltmeters
periodisch vom Maximum über die Nulllage zum Minimum und zurück. Beide
Bewegungen sind um 90° phasenverschoben. Die Formel für die Periodendauer nennt man zu Ehren eines
bedeutenden britischen Forschers "Thomson-Formel". Für die Frequenz des
Schwingkreises ist der Kehrwert der Periodendauer zu betrachten. Als Anwendungsbeispiel wird berechnet, welcher Kondensator zu einer
gegebenen Spule passt, um eine vorgegebene Tonfrequenz zu erzeugen. Bei diesem
Experiment werden die extrem schnellen Schwingungen mit einem Oszilloskop sichtbar gemacht. Wieder tritt eine
Phasenverschiebung von 90° zwischen Strom und Spannung auf. Elektrische
Schwingungen sind wegen der unvermeidlichen großen Widerstände der
Spulenwicklungen immer sehr stark gedämpft.