Physik, 1. Trimester - Mechanik, Folge 4
Diese Sendung von Telekolleg-Physik beschäftigt sich wie die voran gegangene Folge mit Bewegungen mit konstanter Beschleunigung, diesmal mit einer Anfangsgeschwindigkeit. Diese kann bei der Berechnung der Geschwindigkeit zu jedem Zeitpunkt auf einfache Weise berücksichtigt werden. Bei der Berechnung des zurück gelegten Weges jedoch macht eine Anfangsgeschwindigkeit einen erheblichen Unterschied. Die Sendung gliedert sich in folgende Abschnitte:
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Baustellen behindern den Verkehr. Diese bekannte Tatsache gilt
nicht nur bei Autos und Lkws, sondern auch im Bahnverkehr.
Alleine die Vorschrift, eine Gleisbaustelle
nur mit einer Maximalgeschwindigkeit von 60 km/h passieren zu
dürfen, verzögert die Fahrt enorm. Der Zug braucht fast eine
Minute bis er aus einer Reisegeschwindigkeit von 160 km/h auf 60
km/h abgebremst hat. Anschließend braucht der ICE ebenso lange
und eine Strecke von etlichen Kilometern, bis die ursprüngliche
Geschwindigkeit wieder erreicht ist. Bei der beschleunigten
Bewegung verläuft die t-v-Kurve
parallel zur Ursprungsgerade einer gleichen Beschleunigung aus
dem Stand. Damit ergibt sich ein einfache Geschwindigkeitsformel:
Zum bekannten Term "Beschleunigung mal Zeit" wird die
Anfangsgeschwindigkeit hinzugefügt, v = a
t + v0 . Beide Geschwindigkeitskomponenten
zeigen in die gleiche Richtung und sie überlagern sich, ohne
gegenseitige Beeinflussung.
Bei einem Überholvorgang muss der Fahrer abschätzen, ob eine
gegebene Strecke ausreicht. Oft wird aber nicht ausreichend
berücksichtigt, dass ein Überholvorgang bei einer hohen Anfangsgeschwindigkeit
grundsätzlich eine wesentlich größere Wegstrecke erfordert. In
einer Tricksequenz
wird eine Gesamtformel für die zurück gelegte Wegstrecke
entwickelt. Wieder ist die Idee erfolgreich, die komplexe
Gesamtbewegung aus unabhängigen, einfachen Einzelbewegungen
zusammenzusetzen. Im Beispiel der Sendung wird von einer
Anfangsgeschwindigkeit von 100 km/h ausgegangen. Für den
Überholweg reichen 200
m nicht aus.
Nach einem Unfall werden Bremsspuren vermessen. Aus der
Bremsstrecke kann ein Sachverständiger bei zusätzlicher
Kenntnis der Straßenverhältnisse - Bodenbelag, Witterung - auf
die Geschwindigkeit vor dem Bremsvorgang schließen. Eine
Vollbremsung ist eine beschleunigte Bewegung mit
Anfangsgeschwindigkeit! Dazu mache man sich klar, dass bei der
Beschleunigung ein negatives Vorzeichen erlaubt ist und eine
Geschwindigkeitsabnahme darstellt. Im Studio bremst ein Modellzug
ab, die aufgezeichnete t-v-Kurve ist eine fallende Gerade.
Lässt man den Film rückwärts laufen, dann scheint es, als
würde der Zug in die andere Richtung konstant beschleunigen. Mit
dieser Idee lässt sich im Vergleich eine Formel für die Geschwindigkeit
bei einem Abbremsvorgang ableiten. Um einen formelmäßigen
Zusammenhang für den Bremsweg zu erhalten, muss zunächst die Bremszeit
bestimmt werden. Diese Formel erhält man, indem man in der
Formel für die Geschwindigkeit die Endgeschwindigkeit null
einsetzt. Die Bremsstrecke wird durch die Fläche unter der t-v-Kurve
dargestellt. Alle dafür benötigten Größen sind entweder
bekannt oder können leicht in einem Zwischenschritt berechnet
werden. Die Bremsverzögerung a wird im Straßenverkehr
durch die Straßenbeschaffenheit festgelegt. Mit einem Computerprogramm
erhält man eine Tabelle, die den Bremsweg in Abhängigkeit von
der Anfangsgeschwindigkeit darstellt. Der Autofahrer möge nie
vergessen, dass die doppelte Geschwindigkeit den Bremsweg vervierfacht!
Der Bremsweg ist proportional zum Quadrat der
Anfangsgeschwindigkeit.
Auf einer kurvenreichen Landstraße muss der Fahrer unvorbereitet mit Hindernissen rechnen. Erfordert ein Abbremsen von 80 km/h auf 30 km/h den gleichen Bremsweg wie eine Vollbremsung aus 50 km/h? Ein Blick auf die t-v-Kurven klärt den Sachverhalt. Der Bremsweg entspricht jeweils der Fläche unter der Kurve. Die Vollbremsung wird durch eine Dreiecksfläche dargestellt, bei der Abbremsung um die gleiche Geschwindigkeitsdifferenz, allerdings aus einer höheren Geschwindigkeit, kommt noch eine größere Rechtecksfläche hinzu; in diesem Fall ist der Bremsweg erheblich größer . Eine beschleunigte Bewegung mit Anfangsgeschwindigkeit lässt sich stets als Überlagerung einer Bewegung mit konstanter Geschwindigkeit v0 und einer Bewegung mit konstanter Beschleunigung auffassen. Beim Beschleunigen ist der zweite Term positiv, beim Abbremsen ist er negativ zu rechnen. Entsprechend unterscheiden sich auch die Formeln für den zurück gelegten Weg nur im Vorzeichen des zweiten Terms, der aus der Beschleunigung bzw. Verzögerung herrührt.
Zum Abschluss der Sendung wird nochmals die Bewegung eines ICE
nach einer Gleisbaustelle bis zum nächsten Bahnhof betrachtet.
Der erste Teil der zusammengesetzten Bewegung ist eine
beschleunigte Bewegung mit Anfangsgeschwindigkeit, der zweite
Teil ist eine gleichförmige Bewegung mit konstanter
Geschwindigkeit, am Ende folgt eine Abbremsung auf null mit
konstanter Bremsverzögerung. Die Fläche unter der t-v-Kurve
stellt den insgesamt zurück gelegten Weg dar. Die Gesamtformel
wird ermittelt, indem die Gesamtfläche als Summe von Dreiecken
und Rechtecken zusammensetzt wird.