Die zweite Sendung von Telekolleg-Physik beschäftigt sich mit der Überlagerung von Bewegungen in verschiedenen Richtungen. Dazu wird das mathematische Hilfsmittel der Vektorrechnung eingeführt. Die Sendung gliedert sich in folgende Abschnitte:
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Segler
und Surfer müssen ihre Segel so stellen, dass sie bei
vorgegebener Windrichtung gut auf dem beabsichtigten Kurs
vorankommen. Sie können sogar "gegen den Wind
kreuzen". Auch motorbetriebene Boote müssen bei ihrem Kurs
und bei ihrer resultierenden Geschwindigkeit Gegen- und
Seitenwind berücksichtigen.
In einer Versuchsanlage kann die Gesamtbewegung von Modellbooten
studiert werden, die schräg zu einer Strömung fahren. Insgesamt
sieht die Gesamtbewegung so aus, als würde das Boot senkrecht
zum Fluss fahren. Die Geschwindigkeit des Bootes "über
Grund" erhält man, indem man die verschieden orientierten
und verschieden langen Pfeile der Strömungsgeschwindigkeit und
der Bootsgeschwindigkeit zu einem Parallelogramm ergänzt. Die
Diagonale, die vom gemeinsamen Anfangspunkt ausgeht, hat die
Richtung der Gesamtbewegung und eine Länge, die der Gesamtgeschwindigkeit
entspricht. Im Versuch kann man die Strömungsgeschwindigkeit
und ferner die Bootsgeschwindigkeit oder ihre Richtung
verändern. Auch dann liefert das neue Diagramm die Richtung und
den Betrag der Gesamtgeschwindigkeit.
Die physikalische Größe Geschwindigkeit erfordert eine
Angabe zu ihrer Richtung und ihrem Betrag. Dazu ist die
Vektorrechnung der Mathematik außerordentlich hilfreich. Es gibt
viele vektorielle
Größen in der Physik; im Verlauf von Telekolleg-Physik
werden einige weitere eingeführt. Zur Darstellung der Richtung
wird ein Pfeil gezeichnet, die Länge des Pfeils illustriert
zudem den Betrag der Geschwindigkeit. über dem Formelbuchstaben
wird ein kleiner Pfeil angedeutet. Die Addition
zweier Vektoren darf i.A. nicht einfach über die Addition
der Beträge erfolgen. Die beiden repräsentierenden Pfeile
("Komponenten") werden bei fest gehaltener Richtung so
gelegt, dass ihre Anfangspunkte übereinander liegen. Dadurch
wird ein Parallelogramm aufgespannt. Die Diagonale vom
gemeinsamen Anfangspunkt zur gegenüberliegenden Ecke
repräsentiert den Summenvektor
("Resultierende"). Es gibt einen Sonderfall, bei dem
der Betrag der Resultierenden gleich der Summe der Beträge der
Komponenten ist. Das ist dann der Fall, wenn beide Komponenten in
die gleiche Richtung zeigen. An manchen Flughäfen werden die
großen Laufstrecken durch waagrechte Förderbänder
erleichtert. Wenn jemand auf dem Band ruhig steht, bewegt sie
oder er sich mit der Bandgeschwindigkeit; bewegt sich der
Passagier zusätzlich selbst in die gleiche Richtung, dann
addieren sich beide Geschwindigkeiten. Die Gefahr
droht am Ende des Förderbandes. Das Verschwinden der
Bandkomponente entspricht einem plötzlichen Abbremsen. Hier
kommt man leicht ins Stolpern.
Bei einem Flug mit Seitenwind wird die Aufgabenstellung
umgedreht; diesmal ist die Resultierende bekannt: Ein Passagier
muss bis zu einem festen Termin zu einem bestimmten Ziel geflogen
werden. Dadurch ist die Richtung und der Betrag der
resultierenden Geschwindigkeit bekannt. Das Problem kann gelöst
werden, wenn zusätzlich eine der beiden Komponenten vollständig
bekannt ist. Der Pilot informiert sich vor dem Flug über die
Windrichtung und die Windgeschwindigkeit. Damit wird automatisch
die zuvor unbekannte zweite
Komponente erkannt; sie zeigt dem Piloten mit welcher
Eigengeschwindigkeit und welchem Kurs er sein Flugzeug steuern
muss.
Eine ähnliche Problemlösung wird erforderlich, wenn der
Kapitän einer Flussfähre seinen Kurs bestimmen soll, um einen
stromaufwärts versetzten Ort auf kürzestem Weg anzusteuern.
Auch diesmal gibt es einen eindeutig bestimmten Kurs, mit dem das
Boot gesteuert werden muss, damit die Gesamtbewegung
genau in die vorgegebene Richtung verläuft.
Die Seitenpfosten
an Landstraßen sind auf einer Seite deutlich stärker verdreckt
als auf der anderen. Wird der Dreck von den Reifen der Fahrzeuge
wirklich nach hinten weggeschleudert? Eine genaue Analyse zeigt,
dass diese Vorstellung falsch ist. Ein weggeschleudertes Teilchen
verlässt den Reifen zwar in tangentialer Richtung nach außen,
denn der Betrag der Bahngeschwindigkeit der Profilfläche ist
für jeden Punkt am Umfang des Reifens gleich der
Fahrgeschwindigkeit des Fahrzeugs. Aber jedes Dreckteilchen
bewegt sich gleichzeitig wie alle anderen Teile des Fahrzeugs mit
der Fahrgeschwindigkeit nach vorne. Die Addition beider
Komponenten ergibt eine Resultierende,
die für verschiedene
Stellen des Reifens stets nach vorne zeigt. Die Seitenpfosten
verdrecken ungünstiger Weise gerade auf der Seite, von der sie
gesehen werden sollen.
Radfahrer, die Sporträder ohne Schutzbleche fahren, kennen auch
das unangenehme Problem: Wenn sie durch eine Pfütze
fahren, wird das Wasser vom Hinterrad gegen ihren Rücken
geschleudert; je schneller man fährt, desto heftiger.