Physik, 1. Trimester - Mechanik, Folge 9
In dieser Sendung von Telekolleg-Physik werden Inhalte von Folge 8 fortgeführt. Energie kann in anderer Form als Lageenergie vorliegen. Auch in einer Bewegung steckt Energie. Die verschiedenen Energieformen lassen sich ineinander umwandeln, dabei bleibt die Gesamtenergie erhalten. Die Sendung gliedert sich in folgende Abschnitte:
<< Überprüfen Sie ihr Wissen >>
In der letzten Folge wurde der Begriff Hubarbeit
eingeführt; damit wird Lageenergie bereitgestellt. Aber es gibt
noch andere Möglichkeiten, mittels Arbeit eine erhöhte Energie
zu erreichen. Beim Anfahren einer S-Bahn auf waagrechter Strecke
wird elektrische
Energie zugeführt, um die Geschwindigkeit zu erhöhen. Man
spricht deshalb von Beschleunigungsarbeit. Diese führt zu mehr
Bewegungsenergie. Analog zur potenziellen Energie gibt es auch
hier einen Fachbegriff, der diesmal aus der griechischen Sprache
entnommen wurde: kinetische
Energie (Kinetik = Lehre von der Bewegung). Für die
kinetische Energie lässt sich mit dem Vorwissen aus früheren
Sendungen eine Formel
herleiten: Arbeit gleich Kraft mal Weg; dann für F und s
jeweils andere Formeln einsetzen und man erhält: Wbeschl
= Ekin = 1/2mv2.
Damit kann für Anwendungen,
bei denen die Geschwindigkeit und die Masse bekannt sind, die
Bewegungsenergie ausgerechnet werden. Gleichzeitig ist damit
klar, wie viel Arbeit nötig ist, um den Gegenstand von null auf
die Endgeschwindigkeit zu beschleunigen. Bei den Berechnungen mag
immer wieder Unsicherheit bezüglich der Einheiten aufkommen. Wir
profitieren vom internationalen Standardsystem (SI-System).
Wenn für jede Größe wie Masse bzw. Geschwindigkeit die
SI-Einheit verwendet wird, kg bzw. m/s, dann kommt das Ergebnis
automatisch in seiner Standardeinheit heraus, hier die Einheit
Joule für die Energie. In schwierigen Aufgaben werden aber nicht
die Standardeinheiten benützt, sondern z.B. km/h statt m/s oder
kWh statt J. Dann sind Umrechnungen angesagt und es ist schön,
wenn diese lästige Pflicht von einem Computer
erledigt wird. Für die Bewegungsenergie eines ICE erhält man
ein Ergebnis, das der elektrischen Energie für 200
Waschmaschinen-Ladungen entspricht.
Ein Skispringer
springt mit hoher Geschwindigkeit vom Sprungbacken ab, um eine
möglichst weite Wurfparabel zu ziehen. Aber woher stammt diese
kinetische Energie? Am Start hatte der Sportler eine hohe
potenzielle Energie; diese wird bis zum Absprung deutlich
vermindert. Deshalb vermuten wir, dass die Energie von der Form
der Lageenergie in die Form der Bewegungsenergie umgewandelt
wurde. Mit einem Experiment
im Studio wird diese Vermutung überprüft. Zwei gleich schwere
Wagen beschleunigen aus gleicher Höhe über zwei schiefe Ebenen
mit deutlich unterschiedlicher Neigung. Am Auslauf wird jeweils
die Endgeschwindigkeit gemessen. Eine Momentaufnahme
zeigt, dass die beschleunigende Kraft an der steileren Ebene
größer ist. Aber offensichtlich wird dies durch die längere
Beschleunigungsstrecke an der flacheren Ebene ausgeglichen, denn
beide Wagen erreichen die gleiche Endgeschwindigkeit,
wenn auch zu verschiedenen Zeitpunkten. Mit der bekannten Masse
von 0,5 kg wird daraus in beiden Fällen die kinetische Energie
zu 2,94 J bestimmt. Aufgrund der gleichen Starthöhe hatten beide
Wagen zuvor auch die gleiche Lageenergie; diese Berechnung
liefert den gleichen Energiewert von 2,94 J wie zuvor bei der
kinetischen Energie. Mit diesem Ergebnis wird der Energieerhaltungssatz
bestätigt.
Die mechanische Energie bleibt immer dann erhalten, wenn
Reibung ausgeschlossen werden kann und wenn keine äußere Krafte
wirkt. Bei einer Achterbahn
ist die Energie am Start gleich null. Mit Hubarbeit wird
zunächst Lageenergie bereit gestellt. In der Folge finden
mehrere schnelle Umwandlungen zwischen Lage- und Bewegungsenergie
statt. Am Ende der Fahrt wird die Energie durch Reibungsarbeit
wieder entzogen und die Startsituation wieder hergestellt. Das
Prinzip der Energieerhaltung ermöglicht Berechnungen. Am Zirler
Berg in Österreich wird ein gefährliches Gefälle durch Notrampen
abgesichert. Bei Bremsversagen lenkt der Autofahrer in eine
seitliche schiefe Ebene, die Bewegungsenergie wird in Lageenergie
umgewandelt und ein Kiesbett verhindert ein Zurückrollen von der
höchsten Stelle. Welche Höhendifferenz
ist für eine Geschwindigkeit von 60 km/h nötig? Für Aufgaben
dieser Art muss die Masse gar nicht bekannt sein, denn sie kommt
in beiden Energieformeln vor. Es wird eine Höhe von fast 15 m
errechnet! Bei funktionierenden Bremsen verschwindet Lageenergie,
ohne dass sich die Bewegungsenergie erhöht. Diese Abweichung von
der Energieerhaltung der Mechanik hängt offensichtlich mit der
enormen Temperaturerhöhung
an den Bremsscheiben zusammen; dieser Sachverhalt wird in einer
späteren Folge besprochen.
In manchen alten Spielzeugautos
wird Energie in der Rotation einer Schwungscheibe gespeichert und
dann in Bewegung umgewandelt. Moderne Entwicklungen bei
Stadtbussen verwenden ebenfalls Schwungsysteme, um beim Anhalten
einen Teil der Bewegungsenergie in Form von Rotationsenergie zu
speichern und sie beim Anfahren wieder freizusetzen. Die
Notwendigkeit von Rotationsenergie wird auch bei einem Looping
sichtbar. Bei zu geringer Starthöhe fällt der Wagen vor dem
höchsten Punkt aus der Bahn. Die nötige Zusatzhöhe
lässt sich mit einem Energieansatz berechnen. Sie beträgt die
Hälfte des Radius des Loopings.
Die Energieerhaltung ermöglicht Vorhersagen zum Ablauf eines
Experiments. Bei einem Geschicklichkeits-Spielzeug
schnappt eine Feder einen Plastikball in die Höhe, der dann mit
einem kleinen Korb wieder aufgefangen werden muss. Die
Startgeschwindigkeit kann mit zwei übereinander postierten
Lichtschranken bestimmt werden. Damit lässt sich über die
Gleichsetzung von kinetischer und potenzieller Energie die
maximale Höhe
bestimmen. Aber woher kommt die kinetische Energie beim Start?
Offensichtlich ist der Federmechanismus
in der Lage, Energie bereit zu stellen. Dies wird das Thema der
nächsten Folge sein.