Physik, 1. Trimester - Mechanik, Folge 11
In dieser Sendung von Telekolleg-Physik werden die Begriffe Arbeit, Energie und Leistung auf Drehbewegungen angewendet. Eine zentrale Rolle spielt dabei der Begriff Drehmoment, bei dem der Kraftaufwand mit dem Hebelarm verrechnet wird. Die Sendung gliedert sich in folgende Abschnitte:
<<Überprüfen Sie ihr Wissen >>
Bei einem Reifenwechsel
kommt es darauf an, dass man geeignetes Werkzeug hat. Oft ist
beim serienmäßigen Bordwerkzeug der "Hebelarm" so
kurz, dass eine zu stark angezogenen oder angerostete Schraube
nicht gelöst werden kann. In einer Werkstätte
werden bequeme Pressluftschrauber verwendet, die zudem den
Vorteil bieten, dass sie die Schrauben genau mit dem von der
Autofirma vorgeschriebenen Drehmoment anziehen. Im Studio ist ein
Pkw aufgestellt und für Messungen steht ein einfacher
"Drehmomentschlüssel" zur Verfügung: Bei einem Radius
von 0,40 m und einer Kraft von 50 N ergibt sich ein Drehmoment
von 20 Newtonmeter (= 20 Nm = 20 Nm). Genau das gleiche
Drehmoment M erhält man bei einem halbierten
Radius von 0,20 m und der dann notwendigen Kraft von 100 N. Bei
verschiedenen Hebelarmen und den dabei gemessenen Kräften ist
immer das Drehmoment gleich dem Produkt
aus Kraft und Hebelarm. Diese Definition
beinhaltet auch die Festlegung für die Einheit des Drehmoments:
[M] = 1 N m. Diese Einheit ist bereits für die Arbeit
bekannt, aber beim Drehmoment darf die Einheit Joule nicht
verwendet werden. M darf auf keinen Fall mit einer Arbeit
verwechselt werden; der Hebelarm ist immer senkrecht zur Kraft
gerichtet und er beschreibt deshalb nie den Weg einer
Kraftwirkung. Wenn die Kraft nicht senkrecht zum Hebelarm wirkt,
dann zählt für das Drehmoment nur die Kraftkomponente
senkrecht zum Hebelarm.
Im Alltag lassen sich viele Beispiele für Drehbewegungen
finden, z.B. ein idyllisches Wasserrad an einer ehemaligen Mühle.
Im Studio ist dazu ein Modellaufbau vorbereitet. Je größer die
Kraft eines Wasserstrahls,
desto schneller setzt sich das Wasserrad in Bewegung. Mit einem
speziellen Messaufbau wird der Zusammenhang von Drehmoment und
Winkelgeschwindigkeit untersucht: Ein Drehteller
beginnt aufgrund einer Kraftwirkung zu rotieren und beschleunigt
mit der Zeit immer mehr. Ein konstantes Drehmoment wird dadurch
realisiert, dass am unteren Haltezylinder des Tellers eine Schnur
aufgewickelt ist, an der ein Gewicht
zieht. Die Schnur verläuft über eine Umlenkrolle. Diese ist ein
Speichenrad und deshalb liegt es nahe, die Bewegung des Rades mit
einer Lichtschranke zu registrieren. Die Wertetabelle
zeigt, dass die Winkelgeschwindigkeit proportional mit der Zeit
anwächst. Bei verdoppeltem Gewicht verdoppelt sich auch das
Drehmoment. Dann wird eine bestimmte Winkelgeschwindigkeit in der
halben Zeit erreicht. Analog zur linearen Bewegung nennt man den
konstanten Quotienten Winkelbeschleunigung . Die Drehrichtung ist jeweils durch die Richtung des
Drehmoments festgelegt. Bei manchen Anwendungsbeispielen kann
dies im Einzelfall durchaus ein überraschendes Ergebnis liefern.
Wenn man am losen Ende eines Kabels
zieht, das auf einer Rolle aufgewickelt ist, dann bewegt sich die
Rolle meistens zur
Person hin. Bei einer anderen Zugrichtung kann sich die
Kabelrolle aber auch wegbewegen.
Ein Jojo
ist ein Spielzeug, das fast jeder kennt. Damit lassen sich
Energieumwandlungen beobachten, bei denen die Rotationsenergie
eine große Rolle spielt. Im oberen Umkehrpunkt
liegt nur potentielle Energie vor. Diese wandelt sich fast
vollständig in Rotationsenergie um. Die kinetische Energie der
sehr langsamen Bewegung nach unten kann bei dem speziell
konstruierten Riesen-Jojo vernachlässigt werden. Für die
Rotationsenergie eines Rades, bei dem nur der Ring eine
gleichmäßig verteilte Masse m aufweist und die Speichen
nicht zählen, wird eine Formel
hergeleitet. Diese ist von der Formel für die kinetische Energie
einer geradlinigen Bewegung abgeleitet und sieht deshalb sehr
ähnlich aus.
Das Rad ist nur eine Möglichkeit, wie ein rotierender
Gegenstand aufgebaut sein kann. Sind die Massen anders
angeordnet, dann ergibt sich auch für die Formel der Rotationsenergie
ein geringfügig anderer Term. Das Produkt m
r2, zusammen mit einem Zahlenfaktor, der
sich je nach Gegenstand ändert, wird als Trägheitsmoment J
abgekürzt. Die Namenswahl soll an die Analogie zur trägen Masse
m bei linearen Bewegungen erinnern. In einem einfachen,
aber sehr eindrucksvollen Experiment wird die Bedeutung des
Trägheitsmoments ersichtlich. Zwei Zylinder
haben genau die gleiche Masse. Sind sie gleich schnell, wenn sie
gleichzeitig auf einer schiefen Ebene gestartet werden? Nein,
denn der Hohlzylinder hat die Masseverteilung etwas mehr nach
außen verlagert und deshalb ein größeres Trägheitsmoment.
Deshalb beschleunigt der Hohlzylinder langsamer. In der Mechanik
gibt es zu dieser Argumentation über Kräfte und
Beschleunigungen stets eine davon unabhängige Alternative:
Energiebetrachtungen. Der Hohlzylinder speichert bei gleicher
Drehgeschwindigkeit mehr Rotationsenergie als der Vollzylinder.
Bei gleicher Abnahme der potenziellen Energie bleibt für die
lineare kinetische Energie bei der Bewegung nach unten ein
geringerer Anteil als beim Vollzylinder; der Hohlzylinder ist
deshalb langsamer.
Die vielen Analogien zwischen einer linearen Bewegung und
einer Kreisbewegung stärken das Vertrauen, dass dies auch für
weitere Formeln gilt. Für die Leistung wurde in der letzten
Sendung die Formel P = Fv hergeleitet. Übersetzt auf
eine Kreisbewegung
folgt: P = M . Zum Abschluss der
Sendung werden verschiedene Formeln der Sendung genutzt, um eine
kompliziertere Rechenaufgabe
zu lösen: Welche Rotationsgeschwindigkeit hat das große Jojo im
unteren Umkehrpunkt? Wieder einmal bietet das Konzept der
Energieerhaltung einen Zugang, um das Problem zu lösen.