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Morsen in der Praxis
Empfangsbeurteilungen im praktischen Morsebetrieb
- RST-System im Amateurfunk
- Beurteilungen mit Q-Gruppen
- Beurteilung aus dem Seefunk
Empfangsbeurteilungen sind auf den Kurzwellenfrequenzen sehr
wichtig, wird doch die jeweilige Qualität von Störungen und der
ionosphärischen Ausbreitung geprägt.
Das Glück des Telegrafisten ist:
Das Morsen in der Betriebsart A1A ist nicht nur die technisch
einfachste Funkbetriebsart, sondern auch ein sehr
frequenzökonomisches Verfahren mit geringer Bandbreite und sehr
hoher Übertragungssicherheit. Diese Betriebsart ist daher sehr
robust gegenüber vielen Empfangsproblemen.
Dennoch sind von
grundsätzlichem Interesse die Signalstärken, die Störungen durch
andere Funkstellen, lokale oder atmosphärisch bedingte Geräusche,
sowie auch der Ausbreitungs-Schwund. Bei allem ist jedoch die
Lesbarkeit der Morsezeichen für den Morse-Operator das wichtigste
Kriterium.
Die Art und Weise der Empfangsbeurteilung unterscheidt sich je nach
Funkdienst. Ist es im Amateurfunk primär nur das RST-System, sind
es in den fremden Funkdiensten (Utility) die Q-Gruppen und im
Kurzwellenrundfunk das hier nicht beschriebene SINFO- oder
SINPO-System.
Das RST-System
Das RST-System ist die klassische Form der Empfangsbeurteilung im
Amateurfunk. Im Telegrafiebetrieb werden hierzu Angaben über die
jeweilige Qualität der Lesbarkeit (R), der Signalstärke (S) und der
Telegrafie-Tonqualität (T) übermittelt. Dabei weisen die R- und
S-Werte Gemeinsamkeiten mit den bekannten Q-Gruppen QSA und QRK auf.
Die Bewertungen erfolgen überwiegend subjektiv. Die Signalstärke
(S) kann dabei an einer vorhandenen Feldstärkeanzeige (S-Meter) des
Empfängers abgelesen werden. Ideal wäre hier eine Kallibrierung der
jeweiligen Empfangsstufen (je 6 dB) mit einem Messsender, können
(werden) sich doch die Werte bei den Geräten unterscheiden.
S-Meter
Telegrafiert ein Funker 'RST 579', bedeutet es: Du bist einwandfrei
lesbar und hast ein mäßig starkes Signal mit einem reinen
Gleichstromton. Sendet er beim Morsen 'RST 335', bedeutet es: Dein
Funksignal ist mit Schwierigkeiten lesbar und du hast ein schwaches
CW-Signal mit einem musikalisch modulierten Ton.
Die Beurteilung des Tones (T) ist - besonders beim Selbstbau
- von großer Wichtigkeit. Werte <T9 deuten meist auf einen
Gerätefehler hin.
Readability (Lesbarkeit)
R 1 = nicht lesbar
R 2 = zeitweise lesbar
R 3 = mit Schwierigkeiten lesbar
R 4 = ohne Schwierigkeiten lesbar
R 5 = einwandfrei lesbar
Signal strength (Lautstärke)
S 1 = kaum hörbares Signal
S 2 = sehr schwaches Signal
S 3 = schwaches Signal
S 4 = mittelmäßiges Signal
S 5 = ausreichendes Signal
S 6 = gut hörbares Signal
S 7 = mäßig starkes Signal
S 8 = starkes Signal
S 9 = äußerst starkes Signal
Wichtig: S 9 entspricht unterhalb von 30 MHz einer
Empfängereingangsspannung von 50 µV an 50 Ohm. Die Pegeldifferenz
pro S-Stufe beträgt 6 dB.
Spartipp: Eine Reduktion der
Senderleistung auf rund 70% ergibt gerade mal eine Viertel
schlechtere S-Stufe. Bei der Verminderung um die Hälfte ist es
lediglich eine halbe S-Stufe und eine Reduzierung auf 25% ergibt
letztendlich eine ganze S-Stufe. Neben den eingesparten Stromkosten
ist es auch eine Schonung der Endstufe - bestimmt lohnenswert bei
offenen Funktrassen mit starken Signalen!
Siehe auch: QRP-Leistungsvergleich (Grundlagen) und CW
vs. SSB
Tone (Tonqualität)
T 1 = äußerst roher Wechselstromton
T 2 = sehr roher, unmusikalischer Wechselstromton
T 3 = roher Wechselstromton, leicht musikalisch
T 4 = leicht roher Wechselstromton, mittelmäßig musikalisch
T 5 = musikalisch modulierter Ton
T 6 = modulierter Ton, leichter Triller
T 7 = unstabiler Gleichstromton
T 8 = gefilteter Gleichstromton, etwas Brummodulation
T 9 = reiner Gleichstromton
Mögliche Zusatzwerte (z. B. 'RST 599c' ):
"a" = verzerrter Ton durch Aurora (Nordlicht)
"x" = kristallreiner, stabiler Ton
"k" = Klicks
"c" = Chirp
Ohne Chirp
90
Hz-Chirp
Chirpige Signale sind nicht selten. Die Elemente der Morsezeichen
verändern ihre Tonlage während der Ausstrahlung. Die Ursachen sind
technischer Natur, wie z. B. Rückwirkungen auf einen Oszillator
oder schwache Speisespannungen.
mp3-Original-Hörbeispiel eines unstabilen
Morsetons (18KB)
Klicks sind (sehr) breitbandige, unerwünschte Taststörungen,
hervorgerufen durch zu steile Flanken in der Form der Zeichen. Die
jeweiligen An- und Abstiege sind als störende Kurzimpulse
(erheblich mehr Nebenwellen!), oft weit abseits der genutzten
Frequenz zu hören. Die Bandbreite wird dabei in
unzulässiger Weise überschritten.
Aurora-Verbindungen sind gekennzeichnet durch einen brummenden bis
zischenden Signalcharakter mit schwankender Dämpfung. Es erfolgt
ein Absinken der nutzbaren Kurzwellenfrequenzen, Ferntrassen über
höhere Breiten sind damit praktisch nicht mehr nutzbar. Im
Gegensatz dazu ist Aurora für den UKW-Amateur willkommen. Ihr
Auftreten ist aus den Funkwetterberichten heraus abzuschätzen.
Allgemein stimmt dabei nicht die Antennenrichtung mit der direkten
Richtung zum Partner überein.
Zusatzwerte für die VHF/UHF/SHF-Ausbreitung sind:
"s" = Scatterreflektion
"r" = Regenreflektion
Die fachgerechte Anwendung ist im hektischen Alltagsbetrieb
mitunter schwierig. Gemäß der Weisheit: "Der Scherz ist oft das
Loch, aus dem die Wahrheit pfeift.", beschrieb ein bekannter
Telegrafist (s)eine 5-stufige RST-Anwendung wie folgt:
599 = kein Problem
559 = ok, aber leise
449 = mit Mühe und nicht sicher
339 = muss Nachfragen
229 = brauche Geduld ; - )
Maßnahmen bei Sende- und
Empfangsproblemen:
Hilfen für die
Morsetelegrafie bei Problemfeldstärken
Betriebliche Kniffe bei kleinen
Sendeleistungen (QRP)
Empfangsbeurteilungen mit Q-Gruppen
In fremden Funkdiensten außerhalb des Amateurfunks werden
grundsätzlich nur Q-Gruppen zur Empfangsbewertung verwendet.
Diese Q-Gruppen werden auch im Amateurfunk genutzt. Ihre Kenntnis
ergänzt - je nach Bedarf - den RST-Code.
QRK (Lesbarkeit)
Die QRK-Gruppe ist mit dem RST 'R'-Wert zu
vergleichen.
Frage:
QRK?
Wie ist die Verständlichkeit
meiner Übermittlung (oder der
Übermittlung von .... (Name und/oder
Rufzeichen))?
Antwort: QRK [1 - 5]
Die Verständlichkeit Ihrer
Übermittlung (oder der
Übermittlung von .... (Name und/oder Rufzeichen)) ist
....
1. schlecht
2. mangelhaft
3. ausreichend
4. gut
5.
ausgezeichnet
Hiermit könnte auf höfliche Weise
einem QSD-Geber ("Saudrücker") eine mangelhafte Lesbarkeit
mitgeteilt werden, z.B. "sri QRK2".
QSA (Lautstärke)
Die QSA-Gruppe ist mit dem RST 'S'-Wert zu vergleichen, wobei
allerdings die QSA-Stufen im Gegensatz zum RST-System lediglich nur
fünf Lautstärke-Stufen aufweisen. Daher gilt eine QSA-Stufe grob
für jeweils zwei S-Stufen.
Frage:
QSA?
Wie ist die Stärke meiner
Zeichen (oder der
Zeichen von .... (Name und/oder Rufzeichen))?
Antwort: QSA [1 - 5]
Ihre Zeichen (oder die Zeichen von
....
(Name und/oder Rufzeichen)) sind ....
1. kaum
2. schwach
3. ziemlich gut
4. gut
5. sehr gut
hörbar.
Ist ein Empfang unmöglich, wird oft
'QSA NO' , 'QSA NIL' oder 'QSA Ø' telegrafiert.
Wird der Partner nicht gehört, ist in seltenen Fällen auch die
Gruppe 'QZY' zu hören. Diese alte deutsche Q-Gruppe bedeutet:
Hier nichts gehört!
QRH (Frequenzschwankung)
Die QRH-Gruppe ist mit dem RST 'T'-Wert verwandt, wobei sie hier
nur ein Schwanken der Frequenz (z.B. unerwünschte Frequenzsprünge,
unstabiler Gleichstromton T 7) kennzeichnet.
Frage:
QRH?
Schwankt meine
Frequenz?
Antwort: QRH
Ihre Frequenz
schwankt.
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Nicht vergessen: Bei Störungen durch
einen defekten Sender gibt es schnell
einen Besuch vom Funkmessdienst!
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QRI (Tonqualität)
Die QRI-Gruppe ist mit dem RST 'T'-Wert verwandt.
Ein stark verbrummter Ton würde mit 'QRI 3'
gekennzeichnet.
Frage:
QRI?
Wie ist der Ton meiner
Aussendung?
Antwort: QRI [1 - 3]
Der Ton Ihrer Aussendung ist
....
1. gut
2. veränderlich
3.
schlecht
Die folgenden Q-Gruppen werden nicht durch das RST-System
abgedeckt. Sie können dem RST-System im Bedarfsfall hinzu gefügt
werden. Eine Verbindung mit "RST 449 QRM QRN QSB" ist sicher sehr
problematisch und erfordert alle funkerischen Tricks!
Siehe daher auch: Tipps gegen Telegrafiestörungen und
deren mögliche Abhilfe
QRM (Fremdstörer)
Fremdstörungen durch andere Stationen werden mit QRM bezeichnet.
Diese entstehen durch die Verwendung gleicher Frequenzen oder
ungenügendem Frequenzabstand. Ein Frequenzwechsel (QSY) ist hierbei
oft die letzte Chance. Wird im Amateurfunk das QRM dagegen als
"LOCAL QRM" bezeichnet, hat die Gegenstation Empfangsprobleme
aufgrund von Störquellen aus der nahen örtlichen Umgebung. Hier
kann mitunter ein WEBSDR-Empfänger-Tipp
helfen.
Frage:
QRM?
Wird meine Aussendung
gestört?
Antwort: QRM oder QRM
[1-5]
Ihre Aussendung wird gestört.
(oder...)
Ihre Aussendung wird
1. nicht
2. schwach
3. mäßig
4. stark
5. sehr stark
gestört.
QRN (Atmosphärenstörungen)
Atmosphärische Störungen äußern sich beim Empfang durch ein
zischendes, knackendes oder prasselndes Geräusch. Die Gruppe QRN
ist daher eine typische Sommer-Q-Gruppe. Diese Q-Gruppe wird
ebenfalls zur Angabe lokaler Störungen (man-made noise
[=zischen/knacken/prasseln]) genutzt.
Kommen Blitze und Donner näher, ist das Ausschalten der
Geräte und das Erden der Antenne sinnvoll. Ein weit bekanntes 'QAZ'
(Gewitter, ich schalte ab!) signalisiert dann die Dringlichkeit zum
Verkehrsschluss. Gewitterhinweise aus dem Internet sind bei
unsicherer Wetterlage sehr wertvoll, siehe z.B. de.blitzortung.org.
Frage:
QRN?
Werden Sie durch
atmosphärische Störungen beeinträchtigt?
Antwort: QRN oder QRN [1-5]
Ich werde durch atmosphärische Störungen beeinträchtigt.
(oder...) Ich
werde
1. nicht
2. schwach
3. mäßig
4. stark
5. sehr stark
durch atmosphärische Störungen
beeinträchtigt.
QSB (Schwund)
Die QSB-Gruppe steht für die Beurteilung des Fadings. Dieser äußert
sich als Interferenz-, Absorptions- oder Polarisationsschwund. Gibt
ein Funker 'QSB', ist möglicherweise als Rückfrage ein 'QSZ?' (Soll
ich doppelt geben?) oder auch eine Geschwindigkeitsverringerung
sinnvoll, die tiefere, häufige oder lang anhaltende Schwundtäler
erträglicher machen. Die Stärke des Schwunds wird - entgegen der
offiziellen Definition - vereinzelt auch mit der "1-bis-5-Skala"
angegeben.
Frage:
QSB?
Schwankt die Stärke
meiner Zeichen?
Antwort: QSB
Die Stärke ihrer Zeichen
schwankt.
Technisch unterscheidet man die
Schwundhäufigkeit und die Schwundtiefe. Die subjektive Bewertung
wird in keine, geringe, mittelstarke, starke und sehr starke
Beeinträchtigung durch Schwund ausgedrückt. Verursacht werden diese
durch dynamische Vorgänge und Inhomogenitäten innerhalb der
Ionosphäre. Eine problematische Schwundausbreitung kann durch eine
höhere Sendeleistung (Schwundreserve) bedingt verbessert
werden.
QOF im Seefunk
Die nur für den Seefunkdienst
vorgesehene Q-Gruppe QOF umfasst als universale Gütegruppe alle
Übertragungsparameter. Sie wurde daher in der Vergangenheit im
Amateurfunk zur Vereinfachung vorgeschlagen und diskutiert. Sie ist
- obwohl nicht angenommen - noch in der Amateurfunkliteratur zu
finden.
Frage:
QOF?
Wie ist die
Betriebsgüte meiner Zeichen?
Antwort: QOF [1 - 3]
Die Güte ihrer Zeichen ist
....
1. nicht brauchbar
2. noch brauchbar
3. voll
brauchbar.
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©
DK5KE
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