Pfizer-Korruption - nur in der Vergangenheit?
Verdacht auf Bestechung - Pfizer wehrt Ermittlungen ab
Finanzkraft schützt nicht unbedingt vor Strafe, kann aber unter Umständen dazu beitragen, unangenehme Enthüllungen zu verhindern: Der milliardenschwere Pharmakonzern Pfizer rettet sich mit einer überschaubaren Strafzahlung vor der juristischen Aufarbeitung internationaler Korruptionsvorwürfe.
Mit einer Millionenzahlung hat der weltgrößte Pharmakonzern Pfizer Ermittlungen wegen des Verdachts auf Bestechung abgewendet.
Der Hersteller des Potenzmittels Viagra einigte sich im Zusammenhang mit Korruptionsvorwürfen mit dem US-Justizministerium und der Börsenaufsicht SEC auf eine Strafzahlung.
Pfizer überwies eine Summe von 60,2 Mio. Dollar und kann damit die weitere juristische Aufarbeitung von Schmiergeldzahlungen in mehreren Ländern beilegen. Der Fall betrifft zwei ausländische Töchter von Pfizer, sowie eine Gesellschaft, die dem Konzern im Zuge der Wyeth-Übernahme 2009 zugefallen ist. Die Einigung ist Teil einer Offensive gegen Bestechungen durch große US-Konzerne im Ausland.
Laut Justizministerium hat eine Pfizer-Tochtergesellschaft zugegeben, zwischen 1997 und 2006 mehr als 2 Mio. Dollar an Bestechungsgeldern unter anderem in Bulgarien, Kroatien, Kasachstan und Russland gezahlt zu haben. Das Geld floss an Mitglieder von Krankenhausverwaltungen, Regulierern und andere Vertreter von Gesundheitseinrichtungen, um beispielsweise die Zulassung von Medikamenten zu beeinflussen.
Pfizer war 2004 das erste Pharmaunternehmen, das dem Justizministerium freiwillig Auskunft über vergangene Vergehen erteilte. Dennoch zog sich der Fall über Jahre hin. Zuvor soll sich Pfizer den Angaben zufolge in vielen Ländern - unter anderem auch in Russland, China und Italien - Aufträge mit Bestechung gesichert haben. Zudem belohnte der Konzern staatlich angestellte Ärzte für zahlreiche Verschreibungen.
Die Bestechung ausländischer Regierungsmitarbeiter ist Firmen mit einer Börsennotierung in den USA seit 1977 untersagt.
Die Strafzahlung in zweistelliger Millionenhöhe dürfte Pfizer schnell verschmerzen. Allein für das zweite Quartal hatte der Konzern Ende Juli einen Reingewinn von 3,25 Mrd. Dollar eingestrichen, ein Plus von rund 25 Prozent binnen Jahresfrist.
(Copyright © by n-tv.de, DJ/dpa/rts) ·Gefälschte Krebsmedikamente - Pfizer-Manager unter Verdacht
SWR - Südwestrundfunk
SWR: Staatsanwaltschaft Karlsruhe ermittelt gegen Geschäftsführer
Baden-Baden / Karlsruhe (4.12.2019). Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe ermittelt nach Recherchen des Südwestrundfunks (SWR) gegen mehrere Geschäftsführer des Pharmaunternehmens Pfizer wegen möglicher Vergehen gegen das Arzneimittelgesetz (§ 95 AMG). Nach Informationen des Senders gehen die Ermittlungen auf eine Strafanzeige des Tübinger Rechtsanwalts Holger Rothbauer zurück. Der Jurist wirft der Firma Pfizer in seiner Anzeige vor, über ihr Hauptvertriebswerk in Karlsruhe gefälschte Medikamente vertrieben zu haben und "bis heute" zu vertreiben. Dabei gehe es vor allem um das Krebsheilmittel "Sutent". Pfizer wollte das nicht kommentieren und teilte dem SWR hierzu auf Anfrage mit: "Uns liegen hierzu bisher keine Informationen vor".
(Quelle: ARD-Dokumentation)
Rothbauer bezieht sich in seiner Strafanzeige auf eine investigative ARD-Dokumentation. Wörtlich heißt es in der Anzeige: "Der genaue Sachverhalt wurde im ARD-Themenabend und in der Dokumentation von Daniel Harrich "Gefährliche Medikamente - gepanscht, gestreckt, gefälscht" ausgestrahlt am 17.5.2017 um 21:45 Uhr (Das Erste, 30 Min.) unter Nennung vieler Beweismittel und Indizien detailliert in Bild und Wort dargestellt." Schon in der ARD-Fernsehdokumentation wurde aufgezeigt, dass Pfizer selbst den Fall "Sutent" von einem Wirtschaftsdetektiv untersuchen ließ. Nachdem der Detektiv Material zusammengetragen hatte, das Pfizer belastete, hatte ihn die Unternehmensspitze von dem Auftrag entbunden. Die Unterlagen wurden erstmals in der ARD-Doku veröffentlicht.
Pfizer war angeblich über Fälschungen informiert Aus Sicht des Juristen Holger Rothbauer beweisen die Unterlagen, dass die Pfizer-Geschäftsführung über die Fälschungen informiert war und dennoch die verunreinigten Medikamente weiter in Verkehr brachte: Von dem Vertrieb gefälschter Medikamente seien "sowohl US-amerikanische wie auch deutsche Mitarbeiter in Führungspositionen unterrichtet", heißt es in der Anzeige. Das Erste sendete die Doku zusammen mit dem investigativen Fernsehfilm "Gift" über das Geschäft mit gefälschten, minderwertigen und illegalen Medikamenten, die jährlich weltweit Umsätze von bis zu 430 Milliarden US-Dollar erzielen.
Staatsanwaltschaft ermittelt jetzt
Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe hatte im August 2017 noch entschieden, keine Ermittlungen aufzunehmen. Dagegen hatte der Jurist Holger Rothbauer Beschwerde eingelegt und seine Strafanzeige weiter präzisiert. Nun habe die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen unter dem Aktenzeichen 630 Js 29028/17 "wieder aufgenommen".
Weitere Informationen finden Sie unter http://swr.li/gefaelschte-krebsmedikamente Pressekontakt: Bruno Geiler, Tel. 07221 929 23273, [email protected](Copyright © 2021 by swr.li/news aktuell)
·Kritik an Arzneimittelherstellern
Die Pharmaindustrie ist schlimmer als die Mafia
Die wenigsten Medikamente helfen den Patienten wirklich, sagt Peter C. Gøtzsche. (dpa/dpaweb)
Medikamente sollen uns ein langes, gesundes Leben bescheren. Doch die Pharmaindustrie bringt mehr Menschen um als die Mafia, sagt der dänische Mediziner Peter C. Gøtzsche - und fordert für die Branche eine Revolution.
Von Markus C. Schulte von Drach
Wer wünscht sich nicht ein langes, gesundes Leben? Die Pharmaindustrie entwickelt, testet und vertreibt die Mittel, die das gewährleisten sollen. Doch der Mediziner Peter C. Gøtzsche hält das gegenwärtige System für gescheitert. Der Däne hat selbst für Arzneimittelhersteller gearbeitet, dann die Seiten gewechselt und leitet heute das Nordic Cochrane Center in Kopenhagen. In seinem Buch "Tödliche Medizin und organisierte Kriminalität" übt er heftige Kritik an der Branche.
SZ.de: Kürzlich ist aufgeflogen, dass eine Firma in Indien Daten gefälscht hat, um Studien für internationale Pharmakonzerne besser aussehen zu lassen. Sie behaupten, dass auch die Pharmaindustrie selbst Studien manipuliert. Aber Sie machen der Branche weitere schwere Vorwürfe. Sie sprechen sogar von organisierter Kriminalität und Mafia.
Peter C. Gøtzsche: Ja, der weltweit größte Medikamentenhersteller Pfizer zum Beispiel hat in den USA 2009 nach einem Prozess wegen der illegalen Vermarktung von Arzneimitteln 2,3 Milliarden Dollar gezahlt. Das Unternehmen GlaxoSmithKline war 2011 sogar bereit, drei Milliarden Dollar zu zahlen, um einen Prozess wegen Arzneimittelbetrugs zu beenden. Bei Abbot waren es immerhin 1,5 Milliarden, Eli Lilly zahlte 1,4 Milliarden, Johnson & Johnson 1,1 Milliarden. Bei den anderen großen Unternehmen waren es Summen im zwei- und dreistelligen Millionenbereich. Immer ging es um Betrug und Irreführung, Bestechung oder Vermarktung nicht zugelassener Mittel.
Diese Straftaten erfüllen die Kriterien für das organisierte Verbrechen, deshalb kann man von Mafia reden. In einem Prozess gegen Pfizer haben die Geschworenen 2010 ausdrücklich festgestellt, dass die Firma über einen Zeitraum von zehn Jahren gegen das sogenannte Rico-Gesetz gegen organisierte Kriminalität verstoßen hat.
Was ist mit der Firma Roche? Die fehlt in Ihrer Aufzählung.
Dieses Unternehmen hat 2009 den USA und europäischen Ländern für mehrere Milliarden Euro und Dollar das Grippemittel Tamiflu verkauft. Sie wollten sich mit diesen Vorräten gegen eine Grippe-Epidemie wappnen. Allerdings hatte Roche nur einen Teil der Studien zur Wirksamkeit veröffentlicht. Aufgrund des öffentlichen Druckes haben sie die Daten inzwischen zugänglich gemacht. Demnach nutzt das Mittel noch weniger als befürchtet, kann aber in einigen Fällen schwere Nebenwirkungen auslösen. Meiner Meinung nach hat die Firma so den größten Diebstahl aller Zeiten begangen.
Sind das nicht Verstöße einzelner schwarzer Schafe in einigen Unternehmen? Und was ist mit kleineren Firmen?
Ich habe bei meinen Recherchen nicht alle kleinen Firmen berücksichtigt, sondern die wichtigsten Unternehmen. Es arbeiten außerdem natürlich viele anständige Leute in der Pharmaindustrie. Es gibt sogar Kritiker innerhalb der Unternehmen. Aber das sind nicht die, die bestimmen, wo es langgeht. Mir geht es darum, dass das ganze System mit seiner Art, wie Medikamente produziert, vermarktet und überwacht werden, gescheitert ist.
Sie werfen den Unternehmen vor, dass sie Mittel auf den Markt gedrückt haben, obwohl sie schädlich und für viele Patienten sogar tödlich waren.
Dafür gibt es etliche Beispiele. Die Pharmaunternehmen sind deshalb sogar schlimmer als die Mafia. Sie bringen viel mehr Menschen um.
Können Sie Beispiele nennen?
Etwa Schmerzmittel wie Vioxx, von denen bekannt war, dass sie ein
Herzinfarktrisiko darstellen und zum Tod führen können. Vioxx kam ohne
ausreichende klinische Dokumentation auf den Markt, weshalb Merck vor Gericht
stand und 2011 immerhin 950 Millionen Dollar zahlen musste.
Bevor es vom Markt genommen wurde, wurde das Mittel bei Rückenschmerzen
eingesetzt, bei Tennisarm, bei allen möglichen Leiden. Vielen Patienten
wäre es aber schon mit Paracetamol oder auch ganz ohne Medikamente wieder
gutgegangen - und jetzt sind sie tot. Das ist eine Tragödie.
Wissenschaftler der Food and Drug Administration (FDA), also der US-Zulassungsbehörde, haben geschätzt, in den USA könnte Vioxx bis zu 56 000 Patienten getötet haben . . .
Mit dem Mittel wurden mehr als 80 Millionen Menschen in mehr als 80 Ländern behandelt. Meinen Schätzungen zufolge sind es deshalb etwa 120 000 Todesopfer weltweit gewesen. Und Celebrex von Pfizer, das mit Vioxx vergleichbar ist, wurde dem Unternehmen zufolge bis 2004 weltweit 50 Millionen Menschen verabreicht. Es dürfte bis zu diesem Jahr also etwa 75 000 Patienten getötet haben. Das Mittel wird für einige Krankheiten noch immer verschrieben. Obwohl Pfizer Millionen Dollar zahlen musste, weil sie Studienergebnisse zur Sicherheit des Mittels falsch dargestellt hatten.
Andere Beispiele für Mittel, die so auf den Markt gedrückt wurden, sind Schlankheitspillen wie Redux und Pondimin, das Epilepsie-Medikament Neurontin, das Antibiotikum Ketek oder das Diabetesmittel Avandia.
In Ihrem Buch weisen Sie auch auf besondere Probleme mit Psychopharmaka hin.
Ich schätze, dass allein das Antipsychotikum Zyprexa (Anm. d. Red.: Mittel zur Behandlung schizophrener Psychosen) von Eli Lilly etwa 200 000 der 20 Millionen Patienten, die das Mittel weltweit genommen haben, umgebracht hat. Denn Studien an Alzheimer-Patienten haben gezeigt, dass es unter hundert Patienten, die mit solchen atypischen Antipsychotika behandelt werden, zu einem zusätzlichen Todesfall kommt. Es handelte sich in den Studien zwar um ältere Patienten, die Untersuchungen dauerten aber meist auch nur zehn bis zwölf Wochen. Im realen Leben werden Patienten meist jahrelang behandelt. Außerdem wurde Zyprexa häufig Älteren verordnet, obwohl es etwa für Demenz, Alzheimer und Depressionen gar nicht zugelassen war. Deshalb musste das Unternehmen 1,4 Milliarden Dollar wegen illegaler Vertriebsmethoden bezahlen. Der Umsatz mit Zyprex lag zwischen 1996 und 2009 allerdings bei 39 Milliarden Dollar.
Auch eine weitere Gruppe Psychopharmaka, die Antidepressiva, ist gefährlich. Ältere Patienten verkraften diese Mittel schlecht. Und es ist bekannt, dass Mittel wie Seroxat (Paxil) von GlaxoSmithKline unter Kindern und Jugendlichen das Suizidrisiko erhöht haben. Außerdem behaupteten die Autoren der wichtigsten Studie zu Seroxat bei schweren Depressionen bei Jugendlichen, das Mittel sei wirksam und sicher. Aber die Ergebnisse belegten das gar nicht, wie eine Überprüfung der Daten gezeigt hat.
Die Firma hat es dann auch noch als Medikament für Kinder angepriesen, obwohl es dafür gar nicht zugelassen war. Das war einer der Gründe dafür, weshalb sie drei Milliarden Dollar zahlen musste.
Es gibt Wissenschaftler, die heute wieder sagen, die Suizidgefahr für Kinder und Jugendliche würde nicht erhöht.
Die FDA und andere Zulassungsbehörden weltweit haben sie offenbar nicht überzeugt, die warnen noch immer davor. Auch der letzte Review der Cochrane Collaboration zu diesen Mitteln bestätigt, dass es Hinweise auf ein erhöhtes Selbsttötungsrisiko gibt. Über neuere Studien wird diskutiert. Aber für mich gibt es keinen Zweifel, dass das Risiko erhöht ist.
Versagende Kontrollen - Sie sagen, Medikamente seien in Europa und den USA die dritthäufigste Todesursache nach Herzkrankheiten und Krebs. Das geht aus den Daten etwa des deutschen Statistischen Bundesamtes allerdings nicht hervor.
Es gibt etliche Studien, die auf verschiedenen Wegen zu diesem Ergebnis kommen, dass es die dritthäufigste Todesursache ist. Für die USA zum Beispiel wird geschätzt, dass jährlich 100 000 Menschen aufgrund von korrekt eingenommenen Medikamenten sterben. Dazu kommen aber noch medizinische Irrtümer: versehentliche Überdosen oder die Mittel sind allein oder in Kombination mit anderen Arzneien für die Patienten gar nicht geeignet.
Aber wir verdanken auch Medikamenten unsere gute Gesundheit und hohe Lebenserwartung.
Natürlich gibt es Mittel, die mehr Nutzen als Schaden bieten. Medikamente haben zum Beispiel zu großen Erfolgen im Kampf gegen Infektionen, Herzkrankheiten, einigen Krebsarten und Diabetes vom Typ 1 geführt. Das ist bekannt. Aber im Verhältnis zu der Menge der Mittel, die verschrieben werden, profitieren nur wenige Menschen tatsächlich davon. Weil Kranken viel zu häufig Arzneien verschrieben werden. Weil die Firmen sogar wollen, dass auch gesunde Menschen ihre Mittel nehmen.
Wie viele der Medikamente, die auf dem Markt sind, brauchen wir Ihrer Meinung nach tatsächlich?
Ich gehe davon aus, dass wir uns 95 Prozent des Geldes sparen können, das wir für Arzneien ausgeben, ohne dass Patienten Schaden nehmen. Tatsächlich würden mehr Menschen ein längeres und glücklicheres Leben führen können.
Wenn das stimmen sollte, wieso reagieren Ärzte, Patientenorganisationen und Gesundheitspolitiker nicht viel heftiger darauf?
Ein Grund ist sicher, dass die Pharmaindustrie extrem mächtig und finanziell
unglaublich gut ausgestattet ist. Sie nimmt auf allen Ebenen Einfluss. Zum
Beispiel auf Ärzte, die dafür belohnt werden, bestimmte Mittel zu
verschreiben - selbst wenn diese teurer als vergleichbare Medikamente sind. Viele
Ärzte denken offenbar, sie könnten Geld oder Vergünstigungen von
der Industrie akzeptieren und zugleich als Anwälte ihrer Patienten
auftreten. Das können sie nicht.
Außerdem, das belegen ja die Gerichtsverhandlungen eindringlich, verbreiten die Unternehmen immer wieder Geschichten darüber, wie wundervoll ihre Mittel angeblich wirken, und verschweigen zugleich, wie gefährlich sie sind. Die Menschen neigen dazu, ihnen zu glauben.
Deutschlands Justizminister will jetzt Bestechung im Gesundheitswesen ahnden. Was ist mit den Zulassungsbehörden? Die sollen sicherstellen, dass nur nützliche Mittel auf den Markt kommen.
Die machen einen ziemlich schlechten Job. Das ist vor allem von der Food and Drug Administration (FDA) in den USA bekannt. In dieser Behörde gibt es eine Menge Interessenkonflikte und Korruption. Im Zweifel entscheidet die Behörde deshalb eher zugunsten der Pharmaindustrie für Medikamente als zugunsten der Patienten dagegen. FDA-Wissenschaftler müssen immer wieder gegen ihre eigenen Vorgesetzten und die Beratungsgremien ankämpfen, wenn sie Kritik an Mitteln und dem Umgang damit üben.
Darüber haben sich Experten der Behörde selbst immer wieder beschwert - sogar in einem Brief an das Wahlkampfteam von Barack Obama. Wegen ihrer Kritik hat die FDA sogar die privaten E-Mails von Wissenschaftlern, die sich an Kongress-Mitglieder, Anwälte oder Journalisten gewandt haben, überwacht.
Ronald Kavanagh, ein FDA-Whistleblower, hat über seine Arbeit bei der Behörde berichtet, dass die Wissenschaftler manchmal geradezu angewiesen wurden, die Behauptungen der Pharmaunternehmen zu akzeptieren, ohne die Daten zu prüfen. Über die anderen Behörden wissen wir nicht so viel. Aber sie müssten viel kritischer sein. Die Regulierung von Medikamenten ist ja offensichtlich nicht effektiv.
Noch einmal zu den klinischen Studien: Sie behaupten, die Studien der Pharmabranche taugen lediglich als Werbung für die Medikamente.
Studien, die von den Unternehmen finanziert werden, haben häufiger Ergebnisse, die für diese vorteilhaft ausfallen. Das ist belegt. Der Industrie zu erlauben, ihre eigenen Medikamente zu testen, ist so, als dürfte ich in einem Prozess mein eigener Richter sein. Und Wissenschaftler, die an dem Design einer Studie zu viel Kritik üben, werden das nächste Mal nicht mehr gefragt. Das wissen die Betroffenen. Schon deshalb kommen sie den Wünschen der Industrie viel zu weit entgegen. Unerwünschte Ergebnisse werden außerdem gerne verschwiegen, während erwünschte veröffentlicht werden.
Die Studien sollten deshalb nie von der Pharmaindustrie, sondern immer von unabhängigen Wissenschaftlern vorgenommen werden.
Wissen die Fachjournale, in denen die Studien veröffentlicht werden, nicht, was gespielt wird? Müssten sie die Veröffentlichung von solchen Tests nicht verweigern?
Die Journale sind auch Teil des Problems. Sie leiden unter erheblichen Interessenkonflikten. Die renommiertesten Fachmagazine verdienen zum Beispiel eine Menge Geld mit dem Verkauf von Sonderdrucken an Firmen, mit denen diese dann werben. Deshalb stehen die Journale unter Druck, Manuskripte der Pharmaindustrie zu akzeptieren. So kommt es, dass auch Studien mit falschen oder irreführenden Aussagen veröffentlicht werden. Dafür gibt es etliche Beispiele. Richard Smith, ein früherer Herausgeber des British Medical Journal, hat selbst einen ganzen Artikel veröffentlicht unter dem Titel: "Medizinische Fachzeitschriften sind ein verlängerter Arm der Marketingabteilungen der Pharmafirmen".
Vor einigen Jahren hat ein Insider aus der Industrie dem Journal selbst gesteckt, es sei schwieriger, dort einen wohlwollenden Artikel zu veröffentlichen als in anderen Zeitungen. Aber wenn es gelänge, sei das für das Unternehmen 200 Millionen Pfund wert. Es gibt bei vielen Fachzeitungen aber inzwischen Bestrebungen, hier etwas zu ändern.
Was müsste sich Ihrer Meinung sonst noch konkret ändern?
Wir brauchen eine Revolution im Gesundheitswesen: Unabhängige Medikamenten-Tests, für die die Industrie weiterhin zahlen könnte. Sonst sollte sie absolut nichts damit zu tun haben. Alle Studiendaten müssen offengelegt werden - auch negative Ergebnisse. Als Ärzte müssen wir beginnen, Nein zu sagen zum Geld und zu anderen Gefälligkeiten der Pharmaindustrie.
Außerdem sollte Werbung für Medikamente - auch innerhalb von Fachkreisen - verboten werden, genau wie bei Tabakprodukten. In beiden Fällen gibt es ein Gesundheits- und Todesrisiko. Und wenn ein Medikament gut ist, können wir sicher sein, dass Ärzte es einsetzen.
(Anmerkung der Redaktion: Bei der erwähnten Firma Merck handelt es sich um das US-Unternehmen (MSD), nicht um die deutsche Firma Merck KGaA.)
(Copyright © by Süddeutsche Zeitung GmbH)
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· Ein verfügbarer Impfstoff ist ein guter Impfstoff - Trotzdem riecht es nach KorruptionIch bin kein Impfgegner. Aber es riecht offensichtlich nach Korruption, wenn man sieht, wie Komplikationen in Zusammenhang mit den mRNA-Impfstoffen von Moderna und Pfizer im Vergleich zu anderen Impfstoffen heruntergespielt werden.
von Bradley Blankenship
Ein Ausschuss für Medikamentensicherheit bei den US-amerikanischen Bundeszentren für die Kontrolle und Prävention von Krankheiten (CDC) sagte kürzlich, es gebe bei jungen Erwachsenen und Jugendlichen einen "wahrscheinlichen Zusammenhang" zwischen einer Myokarditis, einer seltenen, entzündlichen Erkrankung des Herzens, und dem Erhalt der zweiten Dosis eines COVID-19-Impfstoffes von Pfizer oder Moderna.
Die Tatsache, dass die Medien dies weitgehend unbeachtet lassen und die Staaten dieser Welt diese Impfstoffe nicht bis zum Abschluss einer Unbedenklichkeitsprüfung aus dem Verkehr ziehen, wie das bei den Impfstoffen von Johnson & Johnson oder AstraZeneca der Fall war, zeigt, wie tief die Gewinnorientierung in die Medizin vorgedrungen ist.
Bei den mRNA-Impfstoffen sind die oben beschriebenen Nebenwirkungen schon einmal vorgekommen. Während in einigen Staaten Bedenken hinsichtlich der negativen Auswirkungen auf die Blutgerinnung der Anstoß waren, die Impfstoffe von Johnson & Johnson oder AstraZeneca aus dem Verkehr zu nehmen, bis sie einer Unbedenklichkeitsprüfung unterzogen werden konnten, deutet eine am 15. April veröffentlichte Studie der Universität Oxford darauf hin, dass die erwähnten Komplikationen bei Pfizer- und Moderna-Impfstoffen tatsächlich häufiger auftreten.
Laut dieser Studie scheint das Risiko einer Pfortaderthrombose (ein Blutgerinnsel in der Leber) bei den mRNA-Impfstoffen von Moderna und Pfizer 30-mal höher zu sein als bei dem von AstraZeneca. Auch das Risiko einer Hirnvenenthrombose (einem Blutgerinnsel im Gehirn) scheint zwischen AstraZeneca (fünf von einer Million) und mRNA-Impfstoffen (vier von einer Million) ziemlich gleich verteilt zu sein. Dies wurde aber von den Medien so gut wie ignoriert, und es gab keinen öffentlichen Aufschrei deswegen. In beiden Fällen stellt sich die Frage: warum? Es kann viele Gründe geben, aber ich denke, es fallen mir sofort zwei Gründe ein, die offensichtlich und miteinander verbunden sind.
Erstens sind die Impfstoffe von Moderna und Pfizer die einzigen beiden gewinnorientierten Impfstoffe auf dem Markt. Der bereits gigantische Pharmakonzern Pfizer hat im ersten Quartal dieses Jahres 900 Millionen US-Dollar eingenommen. Big Pharma ist eine riesige Lobby in Washington und auch ein großer Gönner der Konzernmedien. Daher ist es kein Wunder, dass alle über mögliche Gefahren durch diese Impfstoffe schweigen. Für die USA und ihre ultrareiche herrschende Klasse steht einfach zu viel auf dem Spiel, um wegen dieser speziellen Impfstoffe Staub aufzuwirbeln, obwohl sie das bei den anderen Impfstoffen, die nicht gewinnorientiert verkauft werden, ohne Weiteres gemacht haben.
Zweitens sind diese mRNA-Impfstoffe, insbesondere der von Pfizer, der Eckpfeiler der von den USA angeführten globalen Impfkampagne, durch die armen Ländern inzwischen eine Milliarde Dosen zugesagt werden konnte. Wenn also diese mRNA-Impfstoffe zurückgezogen würden, könnten diese Länder das Vertrauen in sie verlieren und sich anderweitig umsehen. Infolgedessen verlören die USA einen Teil ihrer Soft Power, die sie mittels dieser Impfstoff-Spenden ausspielen wollen. Die USA wollen mit diesen Impfstoffen ihren globalen Einfluss ausbauen und beweisen, dass "Demokratie" (sprich: neoliberaler Kapitalismus) das beste sozioökonomische System ist, um Innovationen auf den Weg zu bringen und die Grundbedürfnisse der Menschen zu befriedigen. Ein System also, das eindeutig zum Scheitern verurteilt ist, denn der schwere Verlauf der COVID-19-Pandemie wurde just von diesem System angetrieben.
Einfach ausgedrückt: Die USA wollen einen Sieg über die Pandemie erringen und beweisen, dass ihre gewinnorientierte Medizin einem globalen Gesundheitsnotstand die Stirn bieten kann, obwohl genau diese Mentalität, in der Gewinne über den Menschen stehen, Millionen von Menschen weltweit, darunter über 600.000 US-Amerikaner, an COVID-19 hat sterben lassen. Gleichzeitig freuen sich Moderna und Pfizer über Gewinne, die hauptsächlich von Herrn und Frau Steuerzahler beigesteuert werden.
Um es ganz klar zu sagen: Ich plädiere nicht gegen die Verwendung von mRNA-Impfstoffen. Diese Impfstoffe haben sich als hochwirksam gegen die Übertragung des Virus, gegen Krankenhausaufenthalt und Tod erwiesen. Daher sollte man sie natürlich verwenden. Alle potenziellen Risiken durch diese Impfstoffe werden durch die potenziellen Komplikationen einer tatsächlichen Ansteckung mit COVID-19 bei Weitem aufgewogen, zumal in vielen Teilen der Welt virulentere Varianten des Coronavirus vorherrschen, wie die Delta- oder Gamma-Varianten.
Da sie in den Vereinigten Staaten und vielen anderen Ländern am weitesten verbreitet sind, ist dies zweifellos ein solider Grund, warum Experten des öffentlichen Gesundheitswesens wegen potenzieller Gefahren, die von den mRNA-Impfstoffen ausgehen könnten, nicht in Aufruhr geraten sind. Dies gilt insbesondere dann, wenn man in einem Land wie den USA lebt, in dem mittlerweile praktisch jeder COVID-19-Todesfall durch eine Impfung vermeidbar gewesen wäre. Da es unwahrscheinlich ist, dass Regierungen wieder Maßnahmen zur sozialen Distanz einführen, wenn die Fälle von Ansteckungen mit mutierten Varianten zunehmen, ist eine Impfung dann entscheidend für den Schutz der Gesundheit.
Worauf ich hier jedoch hinweisen möchte, ist, dass es nach Korruption riecht, wenn diese Argumente nur dann zur Anwendung kommen, wenn es gilt, die Produkte gewinnorientierter Unternehmen zu verteidigen, um ihnen so zu noch mehr Gewinn zu verhelfen. Diese Korruption wird noch offensichtlicher, wenn die Konzernmedien Big Pharma verherrlichen, nur um dann plötzlich ihre Fähigkeit wiederzuentdecken, kritisch zu hinterfragen, wenn sie über Impfstoffe berichten, die in Ländern wie China, Russland, Iran oder Kuba entwickelt wurden, sowie über die nicht gewinnorientierten Impfstoffe wie AstraZeneca oder Johnson & Johnson.
Tatsache ist, dass der beste Impfstoff derjenige ist, zu dem man Zugang hat, daher sollte man einem Impfstoff weder voreingenommen begegnen, noch sollte er in den parteiischen Fokus von Medien oder Regierungsbeamte geraten.
RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.
Übersetzt aus dem Englischen. Bradley Blankenship ist ein in Prag lebender amerikanischer Journalist, Kolumnist und politischer Kommentator. Er hat eine Kolumne bei CGTN und ist freiberuflicher Reporter für internationale Nachrichtenagenturen, darunter die Nachrichtenagentur Xinhua. Er twittert auf @BradBlank.
Mehr zum Thema - Israel: Forscher bringen BioNTech/Pfizer-Impfstoff mit seltener Blutkrankheit in Verbindung
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